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Ein Traum in Türkis

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Schon vor unserer Reise mit der Sea Pearl haben wir die britisch geprägte Insel Antigua auf einem Charterurlaub kennengelernt. Damals aber nur den wohl geschichtsträchtigsten und – zumindest wie wir finden – schönsten Hafen aus Kolonialzeiten in der Karibik: English Harbour mit Nelsons Dockyard. Dieses Ensemble ist ein perfekt geschützter Naturhafen und sogar ein Schlupfloch vor Hurrikanen und wurde deshalb von den Engländern und besonders dem berühmten Admiral Nelson zu einem riesigen Flottenstützpunkt ausgebaut. Heute kann man mit dem Boot zu vergleichsweise moderaten Preisen direkt an den historischen Anlagen und damit in einem UNESCO-Weltkulturerbe anlegen und den besonderen Flair des Ortes genießen. Noch spektakulärer wird das, weil ganz Antigua und natürlich auch dieser Hafen ein Hotspot für Superyachten in der Karibik ist. Wir können also mit unserer kleinen Sea Pearl direkt neben einigen seglerischen Berühmtheiten wie zum Beispiel den J-Class-Yachten anlegen. J-Class bezeichnet Yachten, die im früheren 20sten Jahrhundert von den damaligen Superreichen in Auftrag gegeben wurden, um den Americas-Cup zu gewinnen. Das ist bis heute eine der wichtigsten Trophäen im Segelsport. Klar, dass wir auch mit der Sea Pearl diesen besonderen Ort erleben wollen und deshalb English Harbour als erstes Ziel unserer Zeit auf Antigua ausgewählt haben.

Ein letzter Sonnenuntergang in der Bucht von Deshaies auf Guadeloupe
Tolles Segeln am Weg nach Norden
Majestätische J-Class Yachten bei Nacht in English Harbour

Nachdem die Distanz von Guadeloupe und der dortigen „Absprungbucht“ Deshaies mit etwas über 40 Seemeilen etwas länger ist, sind wir dort im Morgengrauen gestartet und haben fast sieben Stunden perfektes Segeln in den Passatwinden genossen. Bei rund um zwanzig Knoten Wind etwas vorlicher als querab kommt die Sea Pearl so richtig ins Rennen. Und dann laufen wir in die verwinkelte Hafeneinfahrt von English Harbour ein. Vorbei an den alten Festungsanlagen, den Ankerliegern in der Freeman’s Bay und den Luxusyachten am vorderen Steg bekommen wir einen Platz direkt neben der ehemaligen Segelwerkstatt (heute ein Restaurant) und vor den Behörden, die in den früheren Mannschaftsunterkünften untergebracht sind. Leider schaffen wir es am gleichen Tag nicht mehr, die Erlaubnis an Land zu gehen vom Inselarzt zu bekommen. Während wir die Zeit mit selbstgemachten Muffins aus unserem Solarofen und Kaffee nutzen, macht neben uns am Steg die Crew der Segelyacht Lotte fest und kommt spontan auf einen gemeinsamen Sundowner an Bord. Das Boot ist uns schon mehrfach in anderen Ankerbuchten in auf Guadeloupe aufgefallen. Zum Einen wegen deren auffälliger Blumen-Folierung des Bootes, als auch weil der Bootsname gleich dem Namen unserer jüngsten Nichte ist. Es ist schön, sich über das Erlebte auszutauschen und verkürzt uns die Wartezeit auf die „Freigabe“ an Land zu dürfen. Und am kommenden Morgen sind die Formalitäten dann schnell erledigt.

Das Denkmal für den ersten Premierminister nach der Unabhängigkeit Sir Vere Bird
Straßenszene aus St. John, der Inselhauptstadt
Modell der Betty Hope-Plantage
Wir erkunden die Ruinen der Betty-Hope-Plantage
Wir erkunden die Ruinen der Betty-Hope-Plantage
Die Devils-Bridge (Teufelsbrücke) and der Ostseite der Insel
Die Atlantikwellen brechen sich heftig an der dem Wind zugewandten Küste (und das war noch ein sehr ruhiger Tag)
Wir genießen einen tollen Sundowner im Ensemble des English Harbour – inklusive Boots-Shuttle zurück zur Sea Pearl auf die andere Seite des Hafenbeckens

Frei zur Inselerkundung organisieren wir uns einmal mehr einen Taxifahrer. Der ist diesmal ein echter Glücksgriff. Er fährt uns nicht nur zu realistischen Kosten den ganzen restlichen Tag über die Insel, sondern erklärt uns am Weg einiges über die Insel und ihre Besonderheiten. Wir lernen so, dass vor dem Tourismus-Boom die besten, weil süßesten Ananas der Welt, die „Antigua Black“ von der Insel kamen. Und in der Hauptstadt der Insel, St. John bringt er uns zu einem wirklich leckeren, inseltypischen Restaurant für die Mittagspause. Das Lobster-Sandwich ist jedenfalls wirklich lecker und preislich im Rahmen. Über die beeindruckend große, aber leider nicht zugängliche, Kathedrale fährt er uns zu den Ruinen der größten Zuckerplantage der Insel, die für einige Zeit auch noch Regierungssitz des Gouverneurs war, unter heutigem Namen Betty Hope Plantation und dann zur Teufelsbrücke (Devils Bridge) an der Windseite der Insel, in und unter der sich mit Wucht der Atlantik bricht. Während der Inselrundfahrt wird aber auch deutlich, was an Antigua so wirklich besonders ist: Die 365 wunderbar feinsandigen, weißen Strände mit meist glasklarem türkisem Wasser davor. Einer der Tourismus-Sprüche für Antigua sagt auch: ein Strand für jeden Tag des Jahres. In den kommenden Tagen wollen wir einige davon mit dem Boot erkunden.

Los geht das mit einem riesigen Ankerplatz neben Green Island. Die Insel selbst ist Naturschutzgebiet, die sie umgebenden Buchten – vor allem die Non-Such-Bay, in der auch wir ankern – bieten Platz für viele viele Schiffe, einen Kitespot und türkises Wasser mit 5 – 7 Meter Tiefe so weit das Auge reicht. Und etwas untypisch für die Karibik: Man liegt auf der Luvseite der Insel hinter einem Riff. Diese, dem aus Osten kommenden Passatwind zugewandte, Seite der karibischen Inseln ist als Ankerplatz für uns eigentlich tabu. Die mit dem Wind anrollende Atlantikdünung macht diese Buchten normalerweise extrem ungemütlich, wenn nicht sogar gefährlich. Hier auf Antigua ist aber eigentlich jede der Buchten auf dieser Seite der Insel durch ein nur knapp unter Wasser liegendes Riff geschützt. So liegt das Schiff im kühlen Wind, die Wellen bleiben aber am Riff „hängen“. Natürlich ergeben die Brecher aber trotzdem eine ganz schöne Geräuschkulisse. Und in der ersten Nacht war das Gefühl sich auf etwas zu verlassen, das man kaum sieht und nur an den weißen Schaumkronen erahnen kann, etwas ungewohnt. Die Ankerplätze sind aber alle wunderbar sicher und ruhig.

Am kommenden Tag wurde es dann aufregend. Wir hatten uns mit einem Kitelehrer verabredet, um den ungestörten und unverwirbelten Wind an der Ostseite der Insel auszunutzen. Weil er wusste, dass wir mit dem Boot unterwegs sind, hat er vorgeschlagen, direkt mit der Sea Pearl an seinen „secret spot“ zu fahren. Wir haben deshalb ausgemacht, dass er uns mit seinem Motorboot vor dem Riff der nächsten Bucht abfängt und durch den Pass, also eine Durchfahrt durchs Riff zum Ankerplatz führt. Ganz schön aufregend, wenn in keinem Revierführer oder Hafenhandbuch dieser Platz beschrieben ist. Es stellt sich aber heraus, dass alles wirklich easy ist und wir haben den perfekten Ankerplatz (wieder hinter dem Riff) direkt für uns alleine. Gleich nach dem Manöver machen wir die Ausrüstung fertig und können im ausnahmsweise recht leichten Wind beide noch eine gute Stunde kiten. Was für ein toller Tag!

Vor Green Island geht es für Luisa natürlich sofort mit einem Kopfsprung in das klare Wasser
Kitesurfen vor Antigua
Luisa beim Kitesurfen
Ein weiterer schöner karibischer Sonnenuntergang

Ein weiteres Highlight ist die „Stingray City“ neben der wir, keine 200 Meter entfernt, ankern. Das ist eine Touristenattraktion, weil dort am Riff einige Stachelrochen angefüttert und an den Menschen gewöhnt sind. Tagsüber fahren deshalb jede Stunde mehrere , meist mit Kreuzfahrt-Gästen besetzte, Motorboote zu zwei Pontoons und laden die Gäste zum Schwimmen mit den coolen Tieren aus. Wir nutzen die ruhige Stunde kurz vor Sonnenuntergang (und am nächsten Morgen früh) und fahren mit unserem Beiboot neben die Pontoons. Sobald Luisa im Wasser ist, tauchen die neugierigen Tiere auf und umkreisen uns. Ganz schön gruselig am Anfang, aber wirklich ein wahnsinniges Erlebnis. Die Tiere sind so verspielt, dass sie regelmäßig mit ihren Flanken/Flossen unsere Beine im Wasser „streicheln“. Besonders angetan hat es ihnen aber scheinbar die leicht spiegelnde Unterwasserkuppel der GoPro-Kamera. In die schwimmen sie richtig frontal rein, um zu sehen was damit passiert. Wunderbar, dass wir solche Erlebnisse direkt neben dem Boot und ganz in Ruhe für uns im besten Licht des Tages genießen dürfen.

Die Sea Pearl vor Anker hinter dem schützenden Riff in schönstem Türkis
Luisa ist beim ersten Rochen noch etwas skeptisch
Halloo
Kurze Wartepause bis der nächste Rochen kommt
Gleich zwei der Tiere auf einmal
Das Unterwassergehäuse unserer GoPro war sehr interessant
Bilder wie aus dem Prospekt
Ich versuche mich am Wasserballett mit einem Rochen
Türkiser wird’s wohl nicht mehr

Der Platz gefällt uns so gut, dass wir trotz wenig Wind (also ohne Kitesurfen am nächsten Tag) noch eine Nacht bleiben. Wir chillen an Bord, erledigen einige Arbeiten und erkunden mit dem Beiboot eine kleine vorgelagerte (aber wieder vom Riff geschützte) Insel Great Bird Island. Die Insel ist ein Vogel- und Reptilienschutzgebiet und liegt malerisch in einer Landschaft aus kleinen Koralleninseln, Stränden und dem einmalig türkisem Wasser. Wir wandern, eher spazieren, auf einem kleinen Pfad über die Insel und sehen tatsächlich neben den vielen majestätisch weißen Tropik-Vögeln auch eine dort endemische Schlange. Die kleine Insel ist den Ausflug definitiv wert. Und die Gewässer darum bieten sicher noch jede Menge gute Ankerplätze für die Sea Pearl, ewig Zeit haben wir ja aber auch nicht. Wir beschließen den Ausflug mit einer langen Dinghyfahrt zurück durch die Mangroven in die Bucht, in der die Sea Pearl auf uns wartet.

Luisa am Strand von Great Bird Island
Blick in die Insellandschaft in der Lagune im Norden von Antigua
Die Natur auf Great Bird Island ist wirklich speziell
Die endemische Antigua Schlanknatter
Karibikstimmung at it’s best
Sundowner an Bord an unserem Lieblingsankerplatz

Weiter geht es mit besonderen Erlebnissen. Es ist Sonntag und das heißt, dass auf Shirley Heights, einer ehemaligen Befestigung oberhalb von English Harbour, ein großes Barbecue veranstaltet wird und eine Reggae-Band zum Sonnenuntergang spielt. Wir segeln also aus unserer Traumbucht bei den Stachelrochen wieder an die Südküste, verankern die Sea Pearl an dem gleichen tollen Platz bei Nelsons Dockyard und fahren dann hoch zum Aussichtspunkt. Von dort oben erkennt man erst so richtig, warum die Engländer diese Insel und speziell diesen Hafen als ihren Marinestützpunkt ausgewählt haben (siehe auch die Bilder). Perfekt geschützt und trotzdem mit Platz für viele viele Schiffe liegt der Hafen als Panorama im Sonnenuntergang vor uns. Und mittendrin unsere kleine Sea Pearl. Wir genießen das Essen vom Grill, die wahnsinnige Aussicht und die wirklich gute Party bei bester Stimmung. Selbst ein tropischer Regenschauer kann die Laune an diesem Abend nicht mehr trüben.

Blick von Shirley Heights auf English Harbour
Wir auf Shirley Heights im Sonnenuntergang
Die Steel-Drum-Band heizt mächtig ein
Die Steel-Drum-Band heizt mächtig ein
Weil es so besonders ist – English Harbour im Sonnenuntergang
Und nochmal: der Sonnenuntergang von Shirley Heights

Shirley Heights ist übrigens nach dem gleichen britischen Kommandanten die das Fort, das wir auf Dominica besichtigt haben. Was Admiral Nelson vor allem für die Erfolge im Kampf gegen die Franzosen und Spanier war, war Shirley für die Befestigungen und militärische Präsenz in der Karibik. Zurück im Hafen fallen wir direkt ins Bett, weil es am kommenden Tag über 50 Meilen weiter in den nächsten Staat, St. Kitts and Nevis, geht. Auch und gerade hier hat Admiral Nelson einige bedeutende Spuren hinterlassen.

Mehr davon schreiben wir wieder hier auf unserem Blog in den kommenden Tagen. Für die tagesaktuellen Infos der Reise, schaut doch gerne mal auf Instagram vorbei. Außerdem gibt es uns auch in bewegten Bildern auf YouTube. Danke für eure virtuelle Begleitung.

Ein Gedanke zu „Ein Traum in Türkis“

  1. Hallo Matthias und Luisa,
    Wir sehen euch beiden geht es prächtig und ihr dürft viele toll Orte, Abenteuer und „Welten“ erleben.
    Wir wünschen euch weiterhin „Schiff ahoi“, besten Wind und gute Weine!
    Herzliche Grüße aus dem fränkischen Coburg, wo jetzt langsam auch der Frühling Einzug hält.
    Der sonnige und milde 1. Mai gestern war schon einmal ein schöner Start.

    Besten Gruß

    Harald mit Inga

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