Der Inselstaat Vanuatu liegt westlich von Fiji, nordöstlich von Australien und östlich von Papua-Neuguinea im westlichen Südpazifik. Obwohl wir beide vor unserer Reise von diesem Land noch nicht wirklich etwas gehört hatten, ist Vanuatu für uns ein logischer und wichtiger Stopp. Wir haben uns in spätestens in Fiji (und auch während des von dort kurz angetretenen Heimaturlaubs) entschieden, dass wir nicht dem Tross der allermeisten Segler im Südpazifik Richtung Australien oder Neuseeland folgen, um dort die Wirbelsturmsaison abzuwarten, sondern versuchen wollen „durchzustechen“ und damit in nur zwei Jahren auf direktem Wege durch Indonesien und den indischen Ozean wieder zurück ins Mittelmeer zu kommen. Auf dieser Route nach Westen liegt Vanuatu quasi genau am Weg. Außerdem wurde uns das Land von vielen anderen Seglern als eines der ursprünglichsten und exotischsten Länder des Südpazifiks beschrieben. Die Inseln Vanuatus bilden ein langgestrecktes, von Nord nach Süd verlaufendes Y im Pazifik. Mit vergleichsweise kurzen Abständen zwischen den Inseln und dank einer oft relativ stark gegliederten Küstenlinie einige gute Ankerplätze und Häfen zur Auswahl. Startend ab Fiji begleitet uns mein Bruder Moritz für zwei Wochen. Wir erkunden diesen Inselstaat also zu dritt.
Nach einer zunächst noch vom Passatwind und damit angenehmen Bedingungen geprägten Überfahrt von Fiji geraten wir am Tag drei der Überfahrt in eine Störung mit viel Regen und einigen Gewittern. Dankenswerterweise aber ohne starken Gegenwind und wir erreichen in wolkenverhangener Stimmung unsere ersten Insel: Tanna. Die Hauptattraktion der Insel ist einer der aktivsten Vulkane der Welt, den man auch noch total einfach erreichen kann, weil man bis kurz unterhalb des Kraters mit Geländewagen gefahren wird. Um die Insel anschauen zu können, ankern wir in Port Resolution. Einer weiten Bucht, mit normalerweise gutem Schutz (nur nicht für uns wegen der Störung im Wettergeschehen), in der angeblich schon James Cook auf seinen Entdeckungsreisen Halt gemacht hat. Port Resolution ist aber eigentlich kein offizieller Einklarierungshafen. Um trotzdem hier ankommen zu dürfen, brauchen wir also vorab die Erlaubnis der Grenzpolizei und des Zolls in Vanuatu und müssen die Kosten für den Transport der Beamten zu uns übernehmen. Das kostet zwar viele Mails und einige Formulare und den Gegenwert von 50€, macht die Reise aber für uns deutlich einfacher. Und wo sonst bekommt man so einen Service von Behörden geboten. Unser Landgang in das kleine Dorf ist eine Reise zurück in die Vergangenheit. Die Menschen hier leben von ein wenig Landwirtschaft und dem, was die Hühner, Schweine und tropischen Bäume um ihre Palmhütten hergeben. Luxus sind hier Nägel, weil man damit stabilere Hütten bauen kann oder Schokolade. Im Dorf gibt es einen Kümmerer für die Yachties, der im Gegenzug nach Spenden für das Dorf, wie zum Beispiel gebrauchte Seile oder Schulutensilien für die Kinder fragt. Selbstverständlich haben wir uns in Fiji für solche Fälle eingedeckt und unsere Gastgeschenke werden freudigst angenommen. Als wir ihm ein paar Stücke von Luisas „Ankommens-Kuchen“ mitbringen bekommt er leuchtende Augen. Schokokuchen gibt es hier einfach nicht. Und weil sein Sohn am Wochenende Geburtstag hat, ist ein neu gebackener Schokoladenkuchen von uns für ihn und die Familie ein absolutes Highlight. Er organisiert uns dann auch einen Pick-Up mit Fahrer, der uns am kommenden Nachmittag zum Mount Yasur bringt. Der Vulkan ist dauerhaft aktiv, deshalb aber vergleichsweise ungefährlich, weil sich normalerweise kein großer explosiver Druck unterhalb des Berges aufbaut. Und mit nur 300 Meter über dem Meer und einer Straße fast bis zum Kraterrand gilt es als der am einfachsten zu erreichende ständig Lava-speiende Vulkan der Welt. Zum Sonnenuntergang und dann im schwindenden Tageslicht bietet sich uns ein verrücktes Bild. Vom Kraterrand können wir unten im Schlot zunächst den roten Wiederschein der Lava sehen. Dampfwolken steigen auf und nehmen uns nicht nur die Sicht, sondern der schwefelhaltige Dampf auch ein wenig den Atem. Als wir entlang des Kraterrandes etwas um die Kurve laufen, wird es noch spektakulärer. Wir sehen den flüssigen Magma-See. Zum Sonnenuntergang verziehen sich die Dampfwolken und wir erkennen einzelne Spalten und kleine Dampffontänen künden das „Zischen“ der ausströmenden Gase vorher an. Und auf einmal Zucken wir alle Zusammen. Durch die Luft !sehen! wir eine Druckwelle auf uns zurasen und spüren und hören dann die heranrasende Explosionswelle. Noch nie haben wir Schall so deutlich in der Luft gesehen. Etwas größere Explosionen befördern Lavafontänen bis knapp 50 Meter unter uns. Einzelne Glas und Gesteinsbrocken fliegen auch über den Kraterrand. Die Guides passen aber auf, dass wir nicht in der Flugbahn und natürlich auch in Luv der Gaswolken stehen. So nah an ein solch spektakuläres Naturschauspiel dürfte man aber wohl in der westlichen Welt nirgendwo. Schwer beeindruckt von der Kraft der Natur geht es zurück über die unbeschreiblich schlechten Straßen ins Dorf und dann mit dem Dinghy zur Sea Pearl.
Nach den ersten beeindruckenden Erlebnissen auf der Insel Tanna machen wir uns mit einer Nachtfahrt und knapp 140 Seemeilen auf in die Hauptstadt Port Vila auf der Insel Efate. Efate hat eine sehr spezielle Geschichte. Zu Zeiten als Vanuatu kolonisiert wurde, war das territoriale Vormachtstreben der Franzosen und Briten nicht mehr so aggressiv, wie zum Beispiel in der Karibik. Vanuatu ist deshalb eines der ganz wenigen Gebiete, die gemeinsam von Engländern und Franzosen regiert wurden. Allerdings mit einem ziemlich kruden Konstrukt aus doppelten Behörden und extrem komplizierten Wechselbeziehungen. Es gab nahezu alle Behörden doppelt und die Bevölkerung konnte sich quasi aussuchen, mit welcher der Behörden man agieren wollte. Dieses besondere Konstrukt nennt man Kondominium. Diesen doppelten Einfluss spürt man bis heute. Es gibt französische Supermärkte und Fish&Chips am Markt. Auch sind alle Dokumente neben Pidgin-Englisch auch in Französisch und Englisch verfasst. Wir gehen im nahezu perfekt geschützten Naturhafen von Efate an eine Boje der Marina, besorgen uns einige Ersatzteile in den erstaunlich gut sortierten Marine-Shops und stocken unser Proviant für die kommenden entlegeneren Inseln auf. Abends gehen wir in einem Restaurant mit französischer Küche mit lokalen Einflüssen essen – und ich bekomme geschmorten Flughund. Wirklich ein spannender Geschmack, irgendwie zwischen Reh und Kaninchen.
Nach diesen Eindrücken in der Hauptstadt organisieren wir uns einen Fahrer, der uns die Sehenwürdigkeiten der Hauptinsel Efate zeigt. Wir sehen sogenannte Blue Holes, ähnlich denen, die wir auch auf Jamaica gesehen haben, in denen Höhlen/Dolinen aus Kalk und oder Korallengestein so eingestürtzt sind, dass beeindruckend türkise Schwimmingpools entstanden sind, die mit einer Mischung aus Süß- und Salzwasser gefüllt sind und wegen des einsickernden Grundwassers erstaunlich kühl bleiben. Wir schwingen uns an Schaukeln in das Wasser und genießen den Badespaß. Weiter geht es zu heißen Quellen, die angeblich eine heilende Wirkung wegen des schwefeligen Schlamms haben sollen und einer Höhle, die die Ureinwohner früher als Trinkwasserreservoir genutzt haben. Den ausgefüllten Tag lassen wir bei einem Bier in einer ziemlich coolen Strandbar ausklingen. Efate und die Hauptstadt Port Vila sind wirklich ein Kontrast zu Tanna. Wir sind scheinbar wieder in der Gegenwart angekommen, wissen aber, dass die nächsten Stopps uns wieder zurück ins einfache Leben der Ureinwohner auf den etwas entfernteren Inseln bringen wird.
Die kommenden Tage segeln wir bei untypisch leichtwindigen Verhältnissen erst in die Bucht Havannah Harbour auf der Nordseite der Insel Efate und weiter über eine Bucht im Norden der Insel Epi gegenüber einer kleinen Inse die wie aus dem Prospekt aussieht, Laman Island. Hier erleben wir bei einem entspannten Abendspaziergang durch das Dorf das Landleben wieder hautnah. Zuerst schreit der Pfarrer mit massiven Lautsprechern in der Landessprache den Gottesdienst am Dorfplatz unter freiem Himmel quasi durchs ganze Dorf. Zuerst wundern wir uns noch, dass immer mehr Menschen kommen und der ganze Dorfplatz und der angrenzende Strand bevölkert sind. Genau zum Ende des Gottesdienstes biegt dann auch der Grund für den Auflauf in die Bucht. Von der Hauptinsel kommt die Versorgungsfähre an, eskortiert von einem Polizeiboot. Im Sonnenuntergang werden zuerst Passagiere in kleine Kähne umgeladen und an Land gebracht und dann wirklich alles was man sich vorstellen kann, vom Kühlschrank über Betonsäcke und Lebensmittel mit lautem Palaver von der großen Fähre umgeladen und an Land gebracht. Das Spektakel dauert bis weit nach Einbruch der Dunkelheit. Dem ganzen Dorf war aber die aufgeregte Stimmung anzumerken, die kurz vor Eintreffen dieses so wichtigen Schiffes geherrscht hat. Obwohl es auf Vanuatu auf jeden Insel einen Flughafen gibt (oft sogar mehrere) und das Land über eine eigene Fluglinie verfügt, ist die wesentliche Lebensader die alle Inseln verbindet das Meer. Die Kosten für Flüge sind für viele der Einheimischen schlicht zu hoch. Und dank Misswirtschaft und ausbleibenden Geldern durch die Nachwehen der Corona-Pandemie ist der Flugbetrieb mehr als instabil. Im Dorf sehen wir auch wieder eine für Melanesien, besonders Vanuatu und die Solomonen, typische genetische Eigenheit. Dunkle Menschen mit blonden, fast weißen Locken und teilweise blauen Augen. Besonders bei den Schulkindern mit einem riesigen einnehmendem Lächeln ein wirklich besonderer Anblick.
Für den nächsten Morgen haben wir einen Fischer angeheuert uns zur gegenüberliegenden kleinen Insel zu fahren, um uns dort beim Schnorcheln Dugongs, also Seekühe, anschauen zu können. Der Schnorchelausflug bei glasklarem Wasser, wenig Strömung, großen Korallen, vielen Fischen und vor allem Seegurken in allen Formen und Farben war wirklich toll. Die Dugongs haben wir aber leider nicht gesehen. Die Seegurken sind übrigens die Delikatesse vor allem für den chinesischen Markt, wegen denen Vanuatu ursprünglich, neben dem Tropenholz der Urwälder, von Händlern kolonialisiert wurde.
Weiter geht es mit einem Stopp in einem der am besten geschützten Naturhäfen unserer Reise in Port Sandwich auf die Insel Malekula. Port Sandwich war so ruhig, dass wir nicht mehr das Gefühl hatten auf einem Boot zu sein. Absolut kein Schwell, nicht einmal kleine Windwellen haben das Wasser gekräuselt. Hinter einer kleinen sandigen Landspitze haben wir vor einer hohen Wand aus Dschungel geankert und Abends im Mondschein durch das spiegelglatte Wasser die Augen von neugierigen Fischen im Wasser reflektieren gesehen. Aus dem Wald hören wir allerlei Getier rufen und riechen vom Land das Feuer der Kochstellen einiger Einwohner. Nach den zwar immer sicheren aber doch oft windigen und manchmal etwas rolligen Ankerplätzen der letzten Tage ist dieses „Still-Liegen“ für uns ein willkommener aber starker Kontrast. Wir genießen zum Abendessen eine tolles Mahi-Mahi Filet (Goldmakrele) mit Zuchini-Sahne Sauce, den wir am Tag fangen konnten. Wir hätten nicht gedacht, dass wir so etwas mal erleben dürfen. Wirklich exotisch. Und wir sind das einzige Boot. Der nächste Stopp ganz im Norden von Malekula liegt mal wieder zwischen einer vorgelagerten Insel und der Hauptinsel. Aber auf der Ostseite und normalerweise wegen des aus Osten wehenden Passatwindes wohl kaum ein guter Ankerplatz. Dank des weiter sehr windarmen Wetters bietet sich der Platz für uns aber wunderbar an. Weil dort aber wohl so selten Boote vorbeikommen, ist der ganze Bereich nicht kartiert. Wir tasten uns also mit Hilfe von Satellitenbildern und dann einer Beschreibung des Ankerplatzes in einem pdf-Dokument der sehr umtriebigen Crew des Katamarans „Soggy Paws“ in den Kanal zwischen den Inseln. Wir finden einen tollen Platz auf 5-6m Wassertiefe über ebenem Sandgrund. Auf der kleinen Insel liegt ein größeres Dorf, dessen Einwohner auf der großen Insel ihre Gärten/Plantagen haben. So herrscht ständiges gehen und kommen von jeder Art von kleinen Booten im Kanal. Schulkinder werden in motorisierten Schulbooten zurück zur Insel gebracht, Gruppen von Arbeitern kehren in größeren Auslegerkanus von der Arbeit zurück und ältere Männer Fischen aus jeder Art schwimmendem Gefährts fürs Abendessen. Wirklich jedes Boot winkt uns freundlich zu und ruft etwas zu uns rüber. Scheinbar kommen hier wirklich nicht oft Segler vorbei. Einer der älteren Männer rudert nach unserem Ankermanöver heran und will uns Kava verkaufen. Kava wird hier nicht wie in Fidschi oder Tonga zerrieben und mit Wasser als eine Art Gebräu getrunken sondern geschrotet gekaut und mit der Spucke im Mund ähnlich wie Kautabak konsumiert. Früher wurde die Spucke-Kava-Pampa dann wohl in eine Schüssel gespuckt und verteilt, was als Verbrüderungsritual gedient haben soll. Den letzten Teil wollen wir weglassen, aber zumindest auch mit meinem Bruder an Bord mal Kava probieren. Weil wir nicht mit Bargeld zahlen wollen, bieten wir an, Haken zum Fischen zu tauschen. All er unsere für diesen Zweck extra gekauften Haken sieht, leuchten seine Augen. Wir vereinbaren, dass drei Haken drei Portionen geschrotete Kava ergeben und er uns die nach Sonnenuntergang am Boot vorbei bringt. Leider wird daraus nichts mehr. Vermutlich war der eigene Kava-Genuß Schuld und unser Händler dann einfach zu müde, um nochmal rauszupaddeln 😉 wir hätten uns über das Tauschgeschäft sehr gefreut, so können wir aber das nächste MahiMahi Filet, diesmal vom Grill, vielleicht doch besser genießen.
Am nächsten Tag steht bei leichtem Wind und nach wie vor ohne Welle ein kurzer Schlag unter Segeln zur Insel Espiritu Santo an. Diese Insel ist die zweitbevölkertste und das Zentrum aller nördlichen Inseln von Vanuatu. Entsprechen planen wir von dort auszuklarieren und uns auf den weiteren Weg nach Westen zu machen. Auch hier haben wir doppelt Glück mit dem Wetter. Der Ankerplatz im Süden der großen Insel vor der Stadt Lugainville liegt in einem Kanal, durch den normalerweise der Passatwind fast ungehindert blasen kann und der auch am Ankerplatz wohl entsprechend Welle aufbaut. Bei den ruhigen Bedingungen zum Ende der regulären Segelsaison haben wir aber keine Probleme. Espiritu Santo atmet einen besonderen, manchmal etwas morbiden Charme. Die Insel war einer der wichtigsten Stützpunkte der US Luftwaffe für die Schlachten im Pazifik während des zweiten Weltkriegs. Während „Havannah Harbour“ auf Efate für die Navy ein wichtiger Rückzugs- und Reparaturhafen war, waren die Flugfelder auf Espiritu Santo das Drehkreuz für die Luftwaffe. Von sechs Landebahnen gleichzeitig konnten die Jadgflugzeuge und Bomber damals starten. Mit der Eskalation des Pazifikkrieges wurden Ende 1941 mehr oder minder schlagartig Unmengen an Ausrüstung, Militärischem Gerät, Baumaschinen und Soldaten auf die Insel verlegt. Das Eintreffen der Soldaten mit damalig auf den Inseln unbekannten Gerätschaften und unvorstellbarem Wohlstand im Vergleich der Ureinwohner war wohl so beeindruckend, dass daraus sogar eine Art Religion wurde. Der Cargo-Kult betet heute wieder darum, dass Gott „Cargo“, also wertvolle Fracht, auf die Inseln schickt. Auf einer Inselrundfahrt mit einem Taxifahrer, den wir anheuern, sehen wir die inzwischen von Dschungel überwucherten Hangars, Krankenhäuser und Flugfelder. Und überall werden Devotionalien aus der damaligen Zeit angeboten. Helme, Gasmasken, Partonen und sonstiges militärisches Gerät, aber vor allem die originalen Cola-Flaschen. Deren, ins Glas eingegossene, Produktionsdatum und -ort erlauben heute Historikern dieses sehr kurzlebige aber massive Kapitel der Geschichte etwas besser zu verstehen – vor allem, aus welchen Teilen der USA wann welche Einheiten des Militärs hier wohl stationiert waren und wie die Logistik für so eine Mammutoperation funktioniert hat. Angeblich waren zur Zeit der Nutzung der Insel als Militärbasis mehr als 100.000 amerikanische Soldaten hier stationiert. Das Ende des zweiten Weltkriegs brachte dann eine der zwei berühmtesten Tauchstätten dieses Landes hervor. Den Million Dollar Point. Nach Abzug des Krieges boten die Amerikaner der damals französisch-dominierten Regierung im Gegenzug 0,10 USD pro Kilogramm Material an, alles Material der Militärbasis Vanuatu zur Nutzung zu überlassen. Weil die Regierung aber der Meinung war, dass die Amerikaner das Material ja gar nicht mehr zurück transportieren können (weil zu teuer und damals bereits zu wenige Soldaten auf Espiritu Santo stationiert waren), wurde dieses Angebot abgelehnt und die lokale Regierung hoffte darauf das Material nach vollständigem Abzug der Amerikaner umsonst übernehmen zu können. Gekränkt von diesem Verhandlungsstil hat daraufhin das US Militär befohlen alles Material und Ausrüstung über eine Rampe an einem besonders steilen Küstenstreifen im Kanal etwas östlich der Stadt zu versenken. 29 Monate waren amerikanische Bautruppen damit beschäftigt Traktoren, Räumfahrzeuge, Panzer aber auch Colaflaschen und Reifen oder Flugzeugteile hier zu versenken. Wegen der unter Wasser liegenden ehemaligen Werte heißt dieser berühmte Tauchspot Million Dollar Point. Im gleichen Sund nicht weit davon entfernt liegt eines der angeblich am besten zu berauschenden Wracks der Welt. Die USS Coolridge, ein luxuriöses Kreuzfahrtschiff wurde als Truppentransporter eingesetzt und ist hier wegen eines Manövrierfehlers des Kapitäns auf eine der selbst ausgelegten Seeminen getrieben und dann kurz vor der Stadt versunken. Nach so viel krasser und grausamer Geschichte waren die Ausflüge zu einem paradiesisch feinsandigen Strand, der trotz des regnerischen Wetters zu Recht Champagne Beach heißt und einem wirklich farbenfrohen Blue-Hole eine willkommene Abwechslung.
Mit unserer geplanten Weiterfahrt von Espiritu Santo nach Australien geht auch die Zeit meines Bruders an Bord zu Ende. Wir feiern die tolle Zeit im für uns exotischsten Land der Reise mit einem tollen Abendessen in einem der besten französischen Restaurants der Insel. Dachten wir zumindest. Mehr durch Zufall erfahren wir, dass Air Vanuatu den Zubringerflug von Espiritu Santo nach Efate am nächsten Morgen ersatzlos gestrichen hat. Von dort soll es für ihn über Fiji und LA wieder zurück nach Hause gehen. Keine Option also umzubuchen. Dank einer Kellnerin des Hotels, an dessen Strand wir auch immer unser Beiboot liegen lassen dürfen, deren Mann zufällig am Flughafen arbeitet, erfahren wir aber von einer Maschine am gleichen Abend. Nur geht der Flieger in weniger als einer Stunde. Wir setzen also meinen Bruder ins Taxi, damit er auf jeden Fall den Flieger erreicht, sprinten zum Beiboot und rasen von dort zur Sea Pearl, raffen alle Sachen zusammen und bringen die gepackte Tasche zum Flughafen. Den Abend haben wir uns etwas entspannter vorgestellt… aber es geht – mal wieder dank der Hilfe der liebenswürdigen Einheimischen von Vanuatu – alles gut. Hintergrund für das Chaos ist wohl, dass die Fluglinie eines der Flugzeuge aufgrund eines Wartungsstaus gerade nicht mehr fliegen darf. Mein Bruder erwischt alle Anschlussflüge und wir genießen ein leckeres Steak mit dem Rindfleisch von der Insel. Heute ist das nämlich das wichtigste Exportgut dieses kleinen Inselstaates.
Die Zeit in Vanuatu war für uns spektakulär. Spektakulär exotisch. Im kommenden Blog nehmen wir euch mit auf eine eigentlich ereignislose aber doch emotional sehr anstrengende Ozeanpassage über das Korallenmeer nach Australien.