Zum Inhalt springen

Dschungelinsel Dominica

  • von

Die Karibik haben wir uns in Deutschland immer so wie die Grenadinen ganz in ihrem Süden vorgestellt. Dank eines Charterurlaubs im nördlichen Teil des Antillenbogens wussten wir auch, dass die Landschaft ganz schön karg und felsig sein kann. Aber hier ist noch viel mehr Vielfalt zu finden. Das nächste Ziel auf unserem Weg den Antillenbogen nach Norden, nach der wunderbaren Zeit auf Martinique, ist so ein Beispiel – Dominica.

Mit gutem Wind segeln wir von Martinique nach Dominica
Albert – der uns empfohlene Boat-Boy begrüßt uns
Sundowner an Bord, weil wir noch nicht freigetestet sind

Dominica hat eine lange Tradition als strategischer britischer Stützpunkt zwischen den beiden wichtigen französischen Kolonien Martinique (im Süden) und Guadeloupe mit den Nachbarinseln (im Norden). Aber noch etwas ist besonders: obwohl sich die Briten und Franzosen (außer ganz zu Beginn der Kolonialisierung) spinnefeind waren, auf Dominica haben sich die beiden Kolonialmächte sogar zusammengetan, um die eigentliche Ureinwohner der Karibik, die Cariben oder in ihrer eigenen Sprache Malinago, zu besiegen. Und spannenderweise trotz gemeinsamer Anstrengungen ohne Erfolg. So gibt es heute auf Dominica die eine Gemeinschaft mit um die 1.500 Menschen, die als die letzten verbliebenen Ureinwohner der Karibik gelten. Der Grund für diese spezielle Geschichte ist auch der Grund, warum wir diese Insel erleben wollen: Dschungel. Die Insel ist extrem gebirgig und aufgrund ihrer Höhe fängt sie so ziemlich jede Wolke, die die Passatwinde über den Atlantik pusten. Der dadurch entstehende Wasserreichtum speist so viele Flüsse wie das Jahr Tage hat und ist die Basis für einen undurchdringlichen Regenwald, der das gesamte Inselinnere durchzieht. Die Landschaft, die heute Touristen wie uns anzieht, war in Zeiten der Kolonialisierung aber natürlich ein Hindernis für ertragreiche Landwirtschaft und so ist Dominica zwar ein wichtiger Flottenstützpunkt der Briten gewesen – und die Malinago konnten immer einen Teil der Insel für sich verteidigen – aber irgendwie auch weit weg vom Schuß. Dominica gilt deshalb auch immer noch als das Armenhaus der Karibik mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Jahr, das unter dem deutschen im Monat liegt. Die Verwüstungen durch extrem heftige Hurrikane in den vergangenen Jahren und die sowieso schon anfällige Infrastruktur tragen natürlich das Ihre zu dem geringen Lebensstandard bei.

Wie auch schon den Kolonialisten macht es uns die Insel aber nicht wirklich einfach sie zu besuchen. Für uns stehen die bisher komplexesten Einreiseformalitäten und Regeln an. PCR-Test zur vollständigen Impfung ist ja noch normal. Dass wir das alles online hochladen müssen und nach Prüfung gleich vorab für den Antigentest bei der Ankunft ebenfalls online bezahlen ist aber neu. Auch, dass man an der gesamten Küste als Segler ausschließlich die Ankerbucht vor Portsmouth ganz im Norden der Insel nutzen darf, ist neu für uns. Und um den Kontakt der Einheimischen mit uns vor Freigabe des Antigentests zu minimieren, muss man einen Agenten vorab telefonisch beauftragen, sowohl den Termin für den Test auszumachen, als auch die Formalitäten bei Zoll und Einreisebehörde für uns zu erledigen. Vorher dürfen nicht einmal die sonst obligatorischen Boat-Boys ans Schiff kommen und ihre Dienstleistungen anbieten. Und jeder hält sich daran. Mit den eingeschränkten Möglichkeiten des hiesigen Gesundheitssystems haben wir das Gefühl, dass das Corona-Virus noch viel unmittelbarer als Bedrohung jedes Einzelnen wahrgenommen wird, als das bei uns in Deutschland der Fall ist.

Ab jetzt aber zum tollen Teil unserer Erlebnisse. Der Besuch der Insel war es wirklich wert. Zuerst geht es mit super Wind und Vollgas in der Beschleunigungszone zwischen Martinique mit dem Vulkan Mont Pelée auf einem offenen Am-Wind Kurs nach Norden. Anschließend im Windschatten der Insel dann weiter gemütlich unter Maschine. Wir nutzen die Zeit zum Wassermachen, Luisa schneidet Videos und ich schreibe den nächsten Blog. Angekommen in der Ankerbucht erleben wir eine schöne Überraschung. Überall liegen wirklich gute Bojen zum Festmachen aus. Die hiesigen Boat-Boys haben sich vor einigen Jahren zu einer Art Kooperative zusammengeschlossen und können mit vereinten Mitteln auch solche Infrastruktur, die ja sonst oft kommunal/staatlich betrieben wird, den Seglern anbieten. Dank der richtigen Telefonnummer unseres Freundes Jörg haben wir außerdem Kontakt zu Albert, eine altgedienten Guide, der wiederum sicherstellt, dass der Agent uns gleich früh am nächsten morgen für den Test einplant und so sind wir gleich am Vormittag freigegeben zur Inselerkundung.

Es gibt Kaffee und Kuchen an Bord, bevor wir mit Albert in den Indian River aufbrechen
Einfahrt zum Indian River
…am Weg…
Im Fluss wurden auch Teile von Fluch der Karibik gedreht, die Kulissen wurden nach den Hurrikanes sogar wieder aufgebaut.
Mangrovenwurzeln
Mangrovenwurzeln mit Krabbe
Wir im Abendlicht am Indian River
Schöne Stimmung
Dschungel-Stilleben
Dschungel-Stilleben

Eines der Highlights auf Dominica ist eine geführte Tour mit dem Ruderboot auf dem Indian River flussaufwärts. Das ist einer der Flüsse, der so gemächlich durch Marschland verläuft, dass man weit in den Regenwald flussaufwärts fahren kann. Und weil man mit den Rudern natürlich fast lautlos unterwegs ist – und Albert uns auf vieles hinweist – sehen wir jede Menge. Fischreiher, Leguane in den Bäumen über uns, einige Taubenarten, Möwen, die eher wie Eisvögel jagen und jede Menge verschiedene Krebse, Krabben und Fische. Außerdem erklärt er uns die verschiedenen Arten Mangroven und deren jeweilige Funktion zum Erhalt des Flussbetts bzw. der Marschlandschaft. Nach dem Rumpunsch in einer improvisierten Buschbar am Ende der schiffbaren Strecke des Flusses bringt er uns im Mondlicht wieder zur Sea Pearl in die Bucht. Was für ein cooles Erlebnis.

Der kommende Tag steht dann auf einer Inselrundfahrt ganz im Zeichen des Dschungels. Wir wandern ungefähr eine Stunde von einer der wenigen „Straßen“ auf der Insel zuerst noch durch kleine Plantagen und dann durch ein Flussbett direkt im Urwald zu einem wunderschönen abgelegenen Wasserfall. Am Weg sehen wir Ingwer, Zimt, Bananen, Kaffee und Kakao. Wir sind mit unserem Guide und einem Deutschen des Nachbarbootes ganz allein und nutzen den Wasserfall für ein wenig kitschige Fotos – aber auf die Art ist der Instagram-Beitrag für den Tag auch schon im Kasten. Das Erlebnis so mitten im karibischen Urwald zu stehen ist auf jeden Fall wirklich schön. Leider sehen wir den Wappenvogel Dominicas, einen Papagei mit lila Brustgefieder aber nicht. Laut dem Führer ist auch der Papagei ein Opfer der letzten Wirbelstürme. Da so viele große Bäume umgestürzt sind, fehlen den Vögeln die Nistplätze.

Der Weg zum Wasserfall führt zuerst noch durch landwirtschaftliche Flächen
Zimtrinde vor dem Trocknen
Kakao am Baum
Ingwer am Wegesrand
Weiter geht es direkt durchs Flussbett
Kitsch-Bild am Wasserfall
Blick durch den Regenwald
Und die Aussicht auf den gegenüberliegenden Berghang
Und die Aussicht auf den gegenüberliegenden Berghang

Aus dem grünen Wald heraus, kurz an der dem Wind zugewandten Küste entlang und schwups stehen wir scheinbar am Mars. Erosion hat hier einen roten Sandstein großflächig freigelegt. Rot, das blaue Meer und in der Nachbarbucht weißer Sandstrand mit Urwald dahinter – die Erinnerungen sind auf jeden Fall farbgewaltig.

An unserem letzten Tag auf Dominica erleben wir mal wieder etwas nässeres Passatwetter mit mehr flüssigem Sonnenschein. Wir nutzen den Tag deshalb für einige Arbeit und besuchen in einer Regenpause dem Beiboot Fort Shirley. Die damalige britische Festung ist teilweise fast schon kitschig restauriert, bietet aber neben dem Ausblick auf die Bucht recht wenig Informationen. Wir bahnen uns deshalb auf einem offensichtlich wenig genutzten Pfad einen Weg auf einen der Nebengipfel und genießen dann von dort einen 270 Grad Panoramablick entlang der Küste von Dominica im Süden bis zur Inselgruppe Les Saintes und Guadeloupe, unserem nächsten Ziel.

Fort Shirley vom Ankerplatz aus mit der Drohne fotografiert…
…und der Blick von dort zurück in die Bucht.
…und der Blick von dort zurück in die Bucht.
Am weg hoch zum Gipfel hinter dem Fort sehen wir extrem viele Echsen. Von der Schlange haben wir leider kein gutes Bild.
Oben angekommen – nass von einem tropischen Regenguss
Der Blick geht schon zum nächsten Ziel – Richtung Guadeloupe

Am Tag der Abfahrt schaut Früh nochmal Albert am Boot vorbei und will uns unbedingt noch die Elephant Bat Cave und ein Fischerdorf am Südende der Bucht zeigen. Selbstverständlich nicht ohne Entlohnung, aber auch dieser zweistündige Ausflug zeigt ein weiteres Gesicht der Insel. Er erzählt uns viel vom einfachen Leben in den kleinen Fischerdörfern, für die die Feste zu Ehren der Dorfheiligen mindestens ebenso wichtig sind wie die Kirchweih in Franken daheim. Voll mit neuen Eindrücken einer so ganz anderen Seite der Karibik segeln wir dann – mal wieder bei nahezu optimalen Bedingungen die vier Stunden „zurück nach Europa“. Zu den Îles Les Saintes im Süden von Guadeloupe. Wir tauschen damit wieder Dschungel gegen perfekte französische Segelinfrastruktur und Lebensart. Der zwar aufwändige Abstecher nach Dominica hat sich aber definitiv gelohnt. Mehr von unserer Zeit auf Guadeloupe schreiben wir wieder hier in den kommenden Tagen.

Am Weg mit Alberts Boot zur Elephant Bat Cave…
…wenn man das Bild sieht und weiß, dass in der Höhle Fledermäuse wohnen ist auch der Name klar, oder?
Da sind wir wirklich mit dem Boot reingefahren
Eines der Fischerdörfer am Weg
Die Felsformation „Drinking Horse“ am Eingan der Bucht von Portsmouth

Wir laufen aus Richtung Iles Les Saintes

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert