Unsere Zeit auf den Kanaren haben wir bisher auf Lanzarote und jeweils recht kurz auf Fuerteventura und Gran Canaria verbracht (siehe letzter Blog). Nach einer tollen und sehr schnellen Überfahrt von Gran Canaria nach Teneriffa sind wir an unserem „Hauptziel“ auf den Kanaren angekommen.
Nicht nur, weil es auf Teneriffa so viel zu sehen gibt, sondern auch weil wir schon Monate im Voraus mit Luisas Mutter ausgemacht haben, dass wir uns in den bayerischen Herbstferien mit ihr auf dieser Insel und gemeinsame Zeit auf der Sea Pearl treffen. Außerdem haben es uns die Kanaren in dieser Saison nicht einfach gemacht die Reise spontan nach Lust und Laune zu planen. Nachdem wegen des Vulkanausbruchs viele Yachten aus den beiden Häfen auf der Insel La Palma „geflohen“ sind und danach der noch härteren Reisebeschränkungen in der letzten Saison wohl etwas Nachholbedarf besteht, erleben wir die ganze Inselgruppe als „überfüllt“. Plätze in Häfen muss man oft mehrere Wochen im Voraus buchen – und bekommt selbst dann oft eine Absage oder eine Zusage nur für einen Teil der gewünschten Tage. Sicher spielt damit rein, dass wir auch in der seglerischen Hauptsaison unterwegs sind. Das Wetterfenster – also die hurrikan-freie Zeit auf dem Atlantik – öffnet sich meist Mitte November/Anfang Dezember. So ist es kein Wunder, dass es in den Wochen davor (wir waren auf den Kanaren von Ende Oktober bis zum zehnten November) dort viele andere Schiffe auch hinzieht. Eben genau wie uns. Viele andere wollen auch nochmal diesen Archipel erkunden, bevor es dann über den Teich in die Karibik geht. Wir haben uns deshalb schon sehr früh einige Tage in der Marina San Miguel im Süden Teneriffas und damit nahe am Flughafen einen Platz gesichert, um Luisas Mutter an Bord in Empfang nehmen zu können. Und nachdem sowohl die Wettervorhersage (einige Tage mit Wind dauerhaft mit 7 Beaufort und in Böen darüber) als eben auch das eingeschränkte Platzangebot in anderen Häfen, die Pläne mit dem Boot die Insel vom Wasser aus zu erkunden, zunichte macht, sind wir froh, dass wir in der Marina völlig überraschend drei Tage länger bleiben können und damit Zeit für ausgiebige Landausflüge haben.
Wie auch schon auf den anderen kanarischen Inseln sind Mietwägen spontan entweder gar nicht mehr zu bekommen oder exorbitant teuer. Hier gibt es aber – im Gegensatz zu zu Beispiel Lanzarote – ein gut ausgebautes Busnetz. Es ist zwar schwierig mit dem Bus und wirklich die ganze Insel zu erkunden, weil uns dann an einer möglichen Sehenswürdigkeit die Zeit fehlen würde, um noch rechtzeitig den Bus zurück zu erwischen. Aber auch der Süden dieser großen Insel hat wunderbar viel zu bieten. Am ersten Sightseeing-Tag fahren wir mit dem Bus über eine aussichtsreiche Straße und ganz ganz vielen Kurven bis nach Icod de Los Vinos an die Nord-Westküste. Wir durchqueren dabei ganz unterschiedliche Vegetationszonen. Vom wüstenartigen Süden mit vielen Bananenplantagen und extrem viel Tourismus über lichte Pinienwälder in den windabgewandten höheren Lagen zu üppiger mediterraner Vegetation in den wasserreicheren Staulagen auf der windzugewandten Nord- und Westseite der Insel.
In Icod de Los Vinos besuchen wir einen riesigen Drachenbaum, der mit einem parkähnlichen botanischen Garten und dem recht fotogenen kleinen Ort eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Insel bildet. Wir lassen uns durch die Gassen treiben, probieren etwas lokalen Wein (der uns aber gar nicht schmeckt) und machen uns dann schon wieder in der Abenddämmerung auf den langen Rückweg mit dem Bus.
Weiter geht es mit einem „Sightseeing-Fail“. Nachdem ich am Morgen noch etwas arbeiten muss und einen Service für den Motor der Sea Pearl organisiere, kommen wir spät los. Wir wollen zum Teide, dem dominierenden Vulkan auf Teneriffa und mit 3700m Höhe den höchste Berg Spaniens. Vom Vortag wissen wir, dass die Anreise mit dem öffentlichen Bus nur sehr schwierig möglich ist, es aber Pauschalangebote mit dem Taxi gibt – immerhin für stolze 140€. Wir gönnen uns das, schließlich wollen wir ja das Highlight der Insel sehen. Oben an der Seilbahnstation auf knapp 2500 Metern angekommen, stellen wir dann aber fest, dass man nicht einfach Tickets kaufen kann. Man muss diese Tage im Voraus über eine sehr komplizierte Website online kaufen und darf nur dann auch wirklich auf den Berg. Wir stehen also am Fuße dieses gigantischen Vulkans – zugegeben in beeindruckender Landschaft – kommen aber nicht hoch. Als wir dann auch noch einen kleinen Aufschrei bei einem Taxifahrer auslösen, weil unser eigentlicher Fahrer nicht auf uns gewartet hat (was wohl Teil des Pauschalpakets wäre) sind wir vollends verwirrt. Der zweite, hilfsbereite Taxifahrer rettet uns aber den Tag, indem er uns zum Start einer kleinen Wanderung in den riesigen Lavafeldern des Vulkans fährt, ein Abendessen in einem Ausflugslokal, das an eine Skihütte erinnert, für uns klarmacht und uns dann oben am Berg wieder abholt und heimfährt, nachdem er seine eigentlichen Gäste versorgt hat.
Am Tag darauf wollen wir per Bus in das pittoreske – und bis in die frühen Siebzigerjahre nur per Fuß erreichbare – Bergdorf Masca im Westen der Insel. Inzwischen an die Busfahrpläne gewöhnt, machen wir uns auf den Weg, stellen dann aber fest, dass das letzte Stück des Weges wiederum nur von Touristenbussen der Hotels gefahren wird. Wir rufen also einmal mehr ein Taxi, diesmal nur für die kurze Rest-Strecke, und lassen uns auf einer extrem kurvenreichen und engen Straße in das Bergmassiv fahren. Nach ein paar Serpentinen – wow! Inmitten von tiefen Schluchten und fast senkrechten Wänden des alten Teils der Insel kleben eine Handvoll Häuser im Hang. Und alles ist über und über grün. Für uns ist dieses kleine – natürlich auch vom Tourismus eingenommene – Dorf ein Highlight unserer Zeit auf Teneriffa.
Luisa ergattert dann doch tatsächlich drei Tickets für die Seilbahn am Teide. Also wieder Taxi rufen und auf ins Gebirge. Diesmal fragt aber gleich der Taxifahrer ab, ob wir denn Tickets haben und kümmert sich – trotz Sprachbarriere – liebevoll um uns. Erst gibt’s am Hochweg einen Kaffee Corrado Leche y Leche, ein Espresso mit Milchschaum auf Kondensmilch, brutal süß aber wie ein kleines Gebäck ein guter Start in den Tag. Anschließend erklärt und zeigt er uns “seine” Insel, jedes Weinanbaugebiet und die lokalen Besonderheiten der Dörfer durch die wir fahren. Und dann, der Teide. Wir haben Glück und erleben den Gipfel wolkenfrei. Aufgrund der Höhenluft schnaufen wir alle ganz schön und bewegen uns langsamer als normal über eine der ausgeschilderten Wanderungen zu einem Aussichtspunkt. Nicht nur die schiere Größe des Vulkans ist beeindruckend. Auch die direkt neben dem Weg noch heiße Luft ausspuckenden Fumerolen und vor allem die surreale Landschaft um den Berg herum. Wenn auch teuer erkauft, war es dieses Erlebnis für uns wert!
Und der Taxifahrer gibt weiter sein Bestes um den Tag für uns speziell zu machen. Am Runterweg vom Berg machen wir Fotostopps an allen Sehenswürdigkeiten am Weg. Vor Schwefel grün-gelben Felsformationen, an einer riesigen Pinie “El Gordo” und dann auch bei ihm daheim, weil er uns unbedingt von seinem selbst gekelterten Wein probieren lassen will und mit lokalem Gebäck versorgt. Was für ein schöner Unterschied zu zwei Tagen vorher.
Versöhnt mit der Insel – und einer besseren Wettervorhersage im Gepäck – schaffen wir es dann doch noch zu segeln. Es geht bei strammem, aber ausrechenbarem Wind auf die Nachbarinsel La Gomera. Und oh Wunder, dank viel Persistenz von Luisa bekommen wir für gleich zwei Nächte einen Platz im einzigen brauchbaren Hafen der Insel in San Sebastián. Nach der tollen Überfahrt überrascht uns der Ort mit einem total entspannten Flair. Nach etwas Schlendern entlang der drei Sehenswürdigkeiten des Ortes (Kirche, alte Festung und Haus, in dem Kulumbus regelmäßig Station gemacht hat) lassen wir uns super leckere Tapas in einem einfachen Lokal schmecken. Wir genießen den entspannten Insel-Vibe. Dank des Hafenplatzes für zwei Nächte haben wir dann die Möglichkeit – mal wieder mit dem Bus – die Insel zu erkunden. Diese zwei Nächte in dem Hafen sind für uns auch deshalb ein Glück, weil wir von einigen anderen Crews sogar neidisch angesprochen werden, was wir denn gemacht hätten, dass wir zwei Nächte bleiben dürfen. Da sind wohl Luisa am Telefon genau die richtigen spanischen Wörter eingefallen.
Auf La Gomera besuchen wir das nette kleine – aber eigentlich unspektakuläre Dorf Villahermosa. Früher ein Zentrum der Bananenproduktion, heute eher ein verschlafenes Nest, wunderschön direkt unter einem massiven Basaltpfeiler gelegen, der früher wohl mal einer der Schlote des Vulkans war, der vor Jahrmillionen die Insel geformt hat. Am Rückweg steigen wir auf etwa halber Strecke aus dem Bus aus, laufen durch ein weiteres – aber noch unauffälligeres – Dorf, Hermigua und bestaunen den brechenden Atlantik auf der Luvseite der Insel. Von dort, weil das die kürzeste Strecke ist, fahren wir – ihr ahnt es schon – wieder mit dem Taxi zum Highlight der Insel, dem Nationalpark Garajonay. Dieser Park bedeckt nahezu das gesamte Innere der Insel und das hauptsächliche Bergmassiv und ist ein Hotspot für Wanderer. Gleich nachdem wir ausgestiegen sind, wissen wir auch warum. Wir laufen durch einen mystischen Nebelwald und haben sogar noch die Wolken für die richtige Stimmung dazu. Es ist total feucht. An jedem Ast hängen Moose und Flechten. Und die Bäume, die da wachsen sind so ganz anders, als wir das von daheim kennen. Lorbeer, Ebenholz und weitere, die wir noch nie gehört haben, geben der Szenerie wirklich etwas magisches. Toll, dass wir die Gelegenheit hatten das noch zu erleben.
Am kommenden Morgen sind wir dann ganz früh ausgelaufen, um im Windschatten von Teneriffa zurück zu motoren, damit wir Luisas Mama nach einer ausgefüllten Woche Sightseeing auf Teneriffa und La Gomera wieder pünktlich am Flughafen absetzten können. Für den Rest unserer Zeit liegen wir in der Marina del Sur, ganz im Süden Teneriffas und bereiten dort die Sea Pearl und uns auf die knapp 800 Seemeilen lange Etappe auf die Kapverden vor. Gleich am Tag darauf fliegt deshalb Marco, ein gemeinsamer sehr segelerfahrener Freund, ein. Er hilft nicht nur beim Verproviantieren für die lange Überfahrt, sondern wir dichten auch noch mal ein kleines Leck ab und checken alle wichtigen Systeme, bevor es dann raus auf die bisher längste Etappe für uns geht.
Der Bericht über die grandiose Zeit auf den Kapverden und die tollen Eindrücke aus Afrika erscheint hier im Blog vermutlich erst kurz vor Weihnachten, weil wir uns im Dezember mit der Sea Pearl auf dem Weg über den Atlantik in die Karibik befinden. Danke fürs Mitlesen bis hierhin. Und wir freuen uns über Euer Feedback und Insidertipps für die Karibik per Mail.