Ursprünglich dachten wir mal, dass wir von Madeira direkt auf Teneriffa oder Gran Canaria fahren, weil auf diesem Schlag der Wind typischerweise dann etwas weiter von hinten kommt und die Überfahrt damit entspannter ist. Für uns tut sich aber ein Wetterfenster mit tollen, sportlichem Segelwind und akzeptabler Welle auch für Lanzarote auf. Das ist die nordöstlichste der kanarischen Inseln und wir haben damit die Möglichkeit diesen Archipel noch umfassender zu erkunden. Außerdem haben wir – trotz chronischer Liegeplatzknappheit zu dieser Zeit auf den Kanaren – direkt nach der Überfahrt einen Platz in der Marina Rubicon im Süden der Insel bekommen. So können wir nach der Überfahrt nicht nur das ganz schön salzige Schiff waschen, sondern auch mal wieder richtig ruhig schlafen. Die Überfahrt selbst ist dann deutlich schneller als gedacht. Für eine Strecke, für die wir normalerweise volle zwei Tage rechnen, benötigen wir gerade mal 36 Stunden. Aber wegen einer ziemlich hohen Welle von der Seite werden wir und die Sea Pearl ordentlich nass und durchgeschüttelt. Trotzdem macht es Spaß mit Vollgas (bei uns heißt das mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 7,5kn) unserem Ziel entgegen zu rasen. Der Hafen hat bei Langfahrtseglern wegen seiner Größe, Sicherheit und Serviceangeboten einen ähnlich guten Ruf wie die Marina in Almerimar im Süden Spaniens, in der wir unser Rigg gecheckt haben (Blogartikel). Und irgendwie fühlt es sich richtig an, dass wir dann halt auch mal “da” waren und mitreden können. Obwohl etwas abseits der Haupttouristenströme der Insel, nutzen wir die Marina auch als Ausgangspunkt für zwei Tage “Inselerkundung”. So wirklich eine Vorstellung, was uns erwartet haben wir beide eigentlich nicht. Nachdem die Insel ja eher spontan auf den Törnplan gekommen ist, hatten wir uns im Vorfeld nicht groß eingelesen und waren vielleicht gerade deshalb noch überraschter.
In der Überschrift schreiben wir ja schon: Der heftigste Eindruck sind die Farben. Kommend von Madeira mit dem Überfluss an Grüntönen und Blumenpracht ist diese Insel zuerst fast ein Schock. Wenn nicht bewässert wächst natürlicherweise auf der Insel nur kleinstes Gestrüpp, Kakteen und Flechten. Und weil die Insel auch noch vor relativ junger Zeit aktive Vulkane hatte, ist der Boden entweder rostrot oder gleich komplett schwarz. Daneben tiefblauer Atlantik und die von César Manrique beeinflussten Häuser in blendendem Weiß sind wirklich speziell. César Manrique ist ein Künstler und Exzentriker, der es sich zur Aufgabe gemacht hat seine Insel zur “schönsten Insel der Welt” zu machen. Und so ist heutzutage die Insel nicht nur mit Sehenswürdigkeiten, die er entweder selbst entworfen hat oder zumindest mit seinem Stil beeinflusst hat, überzogen, sondern auch mehr oder minder vollständig einem Design- und Farbkonzept unterworfen. In dieser krassen Ausprägung (heute wird umgekehrt auf die Häuser, die aus historischen Gründen eine andere Farbe haben oder höher als die proklamierten zwei Stockwerke sind, als “besonders” hingewiesen) haben wir das noch nicht erlebt. Und obwohl das natürlich unter anderem auch dazu dient an jeder dieser Sehenswürdigkeiten einen doch deutlichen Eintrittspreis zu verlangen, gefällt uns das sehr. Die daraus entstehenden Fotos sind sicher eines der Highlights der bisherigen Reise.
Weil wegen Corona die Mietwagenbetreiber einen Großteil Ihrer Flotten aufgelöst haben und wir so spontan auf der Insel gelandet sind, müssen wir leider auf Taxis für die Inselerkundung ausweichen. Das ist zwar teuer, aber wir wollen auf unserer Reise ja etwas sehen und erfahren und nicht nur im Hafen auf der Sea Pearl rumsitzen. Am ersten Tag besuchen wir den Nationalpark Timanfaya. Hier ist über ganze sechs Jahre ab 1734 der namensgebende Vulkan ausgebrochen und hat fast ein Drittel der Insel in eine Mondlandschaft verwandelt. Wir sehen die verschiedenen Arten von Lava, vulkanischem Auswurf und Ähnlichem wie im Lehrbuch. Und die vulkanische Aktivität im Untergrund ist immer noch so stark, dass sich trockene Zweige und Heu einfach in einem 1,5 Meter tiefen Loch entzünden und Wasser, dass in schmale Risse/Röhren geschüttet wird nach einigen Sekunden als zischende Dampfwolke wieder herausschießt.
Am Rückweg geraten wir dann an eine liebenswerte und motivierte Taxifahrerin, die uns gleich noch zu drei weiteren Sehenswürdigkeiten, die mehr oder minder am Weg liegen, mitnimmt. Zuerst zu den immer noch in Benutzung befindlichen Salinen von Janubio, dann eine Basalt-Höhlen-Buchten-Formation an der Windseite des Atlantiks, in denen vor pechschwarzen Säulen und Bogengängen spektakulär der Atlantik bricht. Und zum Schluss noch zur Lagune von El Golfo, in der das Wasser aufgrund spezieller Algen giftgrün leuchtet. Erfüllt von den Eindrücken gibt’s abends Tapas am Hafen und wir fallen früh ins Bett.
Ein Blick von Cesar Manrique in dessen früheren Wohnhaus Der von Manrique entworfene Poolbereich in seinem Haus Wir beim Sightseeing Die halb geflutete Höhle Jameos del Agua Weiße endemische Krebse in der Jameos del Agua Die in die Jameos del Agua integrierte Konzertsaal Ausblick auf Graciosa vom Mirador del Rio
Am kommenden Tag steht dann der Inselnorden an – und damit ganz im Zeichen César Manriques. Erst besuchen wir eines seiner Wohnhäuser auf der Insel, das heute ein Museum mit vielen Erklärungen zu dieser exzentrischen Persönlichkeit bietet. Weiter sind wir an den Aussichtspunkt Mirador del Rio gefahren (guess what – von Manrique entworfen) von dem man einen tollen Blick von oben von den Steilklippen auf die Nachbarinsel La Graciosa hat. Und anschließend haben wir zwei künstlerisch/touristisch genutzte ehemalige Lavaröhren besichtigt. In der Cueva de los Verdes sieht man ganz viel unterschiedliche Gesteinsfarben abhängig von der Zusammensetzung der Mineralien der Lava und in den Jameos del Agua ist nicht nur ein riesiger Konzertsaal integriert, sondern im namensgebenden See, der von einsickerndem Meerwasser gespeist wird, leben besondere weiße Krebse. Am Rückweg halten wir dann noch zum Einkaufen in einem der Weingüter der Insel an, weil uns der weiße Malvasia aus der Kellerei mit klingendem Namen “La Florida” am Abend vorher so gut geschmeckt hat. Interessant ist, wie hier Wein angebaut wird. Nicht wie bei uns in Franken (oder so vielen anderen Regionen der Welt) hochgebunden an Rahmen oder Stützen. Die Pflanzen liegen/ranken hier am Boden und sind immer in Windrichtung einzeln von einer kleinen Mauer aus Lavagestein umgeben. So wird die Pflanze vom Wind geschützt und dank etwas Kondensation nachts im Windschatten kommen die Reben so sogar ohne Bewässerung aus.
Nach einem Sundowner mit einer anderen deutschen Crew, die wir auf Madeira kennen gelernt haben, schließen wir unsere Zeit auf dieser überraschend schönen Insel ab. Am kommenden Tag segeln wir die kurzen 8 Seemeilen weiter nach Süden zur Isla Lobos, einer kleinen Insel unter Naturschutz an der Nordecke von Fuerteventura. Nach mehr als sechs Wochen ankern wir mal wieder. Obwohl unser Anker bombig hält, sind wir wegen Wind und Welle und der Tatsache, mal nicht in einem Hafen zu liegen, unnötigerweise ganz schön angespannt. Aber daran werden und wollen wir uns schon bald wieder gewöhnen. Weiter geht es dann schon im Morgengrauen, leider ohne Wind, an der Ostseite Fuerteventuras entlang nach Süden an den wirklich schönen Ankerplatz vor Morro Jable, wo wir einen tolle Nacht vor Anker verbringen und uns schon wieder besser am Anker entspannen können. Wir genießen den Nachmittag und hüpfen dann am kommenden Tag mit Walbegleitung rüber an die Südküste von Gran Canaria in den tollen Hafen von Puerto Mogan. Hier ergattern wir für eine Nacht den letzten Platz im Hafen, brauchen all unser Können für das Reinzirkeln der Sea Pearl in die enge Lücke vorbei an unter Wasser liegenden Felsbrocken (Anmerkung von Luisa, die hier nur Probe liest: das hat Matthias wirklich wahnsinnig gut gemacht!) und genießen dann das schön hergerichtete und über und über mit Blumen verzierte Dorf. Mit bombastisch gutem Wind fahren wir schon am nächsten Tag zu unserem eigentlichen Ziel des Kanaren-Aufenthalts, Teneriffa. Dort haben wir wieder viel Zeit für Landerkundungen, Luisas Mutter kommt uns für eine Woche besuchen und wir erleben den höchsten Berg Spaniens. Mehr davon gibt es hier wieder in den kommenden Tagen im Blog.
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