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Galápagos – Tierwelt und Geologie

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Nach der herausfordernden Überfahrt von Panama auf die Galápagos-Inseln, steht das Segeln etwas zurück. Wir wollen die einzigartige Tierwelt und Geologie dieses Archipels erkunden. Das geht aber aufgrund der strengen Schutzbestimmungen im Nationalpark nicht mit dem eigenen Boot, sondern nur im Rahmen geführter Touren und mit zugelassenen Guides. Innerhalb des Nationalparks dürfen wir uns mit der Sea Pearl auch gar nicht frei bewegen sondern nur nach Voranmeldung durch den Agenten und unter An- und Abmeldung bei der jeweiligen Armada und dem Hafenamt an drei Plätzen ankern. 

Angekommen sind wir in der Bucht Puerto Baquerizo Moreno auf der Insel San Christobal. Als zweiten Stopp geht es in den Süden der Isla Isabella und zuletzt an den touristischen Hauptort Puerto Ayora auf der Insel Santa Cruz. Speziell bei letztem trifft der Name „Hafen“ eher nicht zu. Die Bucht ist nahezu ungeschützt offen zum Schwell der Pazifiks. Aber was will man machen, wir wollen ja möglichst viel sehen. Die Strecken zwischen diesen drei Plätzen legen wir zwar segelnd zurück, trotzdem stelle ich euch in diesem Blog anhand unserer Eindrücke während der Zeit auf den Galápagos die für uns prägenden Tierarten und die Geologie der Inseln vor – und eben mal nicht unser Bordleben oder die Landerkundungen. 

Die Sea Pearl am Weg von der Isla Isabella nach Santa Cruz

Hierzu nur soviel: an Bord steht vor allem das Trocknen der Einrichtung, Matratzen und Klamotten an, die durch das viele überkommende Wasser auf der Passage nass geworden sind. Und an Land erkunden wir den Nationalpark über und unter Wasser mit Guides, die entsprechend vorbestimmte Touren mit uns durchführen und bewegen uns sonst in den touristischen Orten an den jeweiligen Ankerplätzen. Hier gibt es zwar nirgendwo brauchbares Internet (eines unserer YouTube-Videos hochzuladen dauert selbst im „besten“ WLAN unseres Agenten fast zwei Tage) aber sonst erstaunlich viel Infrastruktur. Restaurants jeder Küche und Preisklasse, sogar einige Bars, jede Menge Agenturen, die wiederum die Nationalpark-Exkursionen vermitteln, Tauchcenter, Banken und sogar wirklich gut sortierte Supermärkte. Wir können uns hier also auch, zu etwas höheren Preisen zwar, gut für die Pazifiküberquerung eindecken. Das Revier ist gerade zu Land (vermutlich wegen der vielen Touristen) viel besser entwickelt als wir dachten und vorher gelesen hatten. Trotz der hohen Gebühren und vielen behördlichen Auflagen und der suboptimalen Liegesituation mit dem Boot, gerade in Puerto Ayora, verstehen wir nicht, warum nicht viel mehr Blauwassersegler hier einen Stopp machen. Und sei es nur um die lange Pazifikpassage um zumindest eine Woche zu kürzen und wieder Kraft zu schöpfen. 

Blaufußtölpel

Blaufußtölpel
Blaufußtölpel am Gelege
Blaufußtölpel am Gelege
Blaufußtölpel bei der Fütterung

So etwas wie das touristische Wappentier der Inseln ist (neben den Riesenschildkröten) der Blaufußtölpel. Der Name ist dabei wirklich Programm. Aufgrund einer Vorliebe für eine spezielle Sardinenart und der Fähigkeit deren Farbenzyme in der eigenen Haut der Füße einzulagern, haben gesunde, erwachsene Vögel tatsächlich knallblaue, sogar etwas ins türkis changierende, Füße. Und weil Tölpel in englisch Bobbies heißen (genauso wie die weibliche Brust) lassen sich aus dem putzigen Vogel mit dem farblichen Highlight natürlich jede Menge mehr oder minder geschmackvolle Souvenirs machen. Ich war auch kurz davor mir ein T-Shirt mit “I love Bobbies” und einem der Vögel als Abdruck zuzulegen. Wir erleben die Vögel eigentlich überall und ständig auf den Galápagos. Vor allem dank der Guides bekommen wir auch einige der wirklich spannenden Verhaltensweisen hautnah mit. Die Blaufußtölpel sind zumindest für eine Brutsaison monogam und die Weibchen suchen sich die Männchen an dem von denen ausgesuchten Nistplätzen aus. Um die Weibchen auf die eigenen guten Gene und den großen Fangerfolg, und damit ja die Absicherung der eigenen Brut hinzuweisen, präsentieren die Männchen in einem ulkigen Watscheltanz die blauen Füße. Hier gilt wohl: Je blauer, desto mehr gefangene Sardinen, also die bessere Partie für den eigenen Nachwuchs. Die Vögel bebrüten gemeinsam ein Gelege am Boden (eigentlich nur eine Mulde im Fels oder Geröll) und füttern anschließend das fluffig weiße Junge durch herauswürgen der vorher gefangenen Fische. Diese Fütterung wiederum initiieren die Jungen durch Kopfrecken und Schnabelklappern. Wir hatten den Eindruck, dass die Eltern dann regelrecht unwillig, aber vom Instinkt getrieben, zu Würgen beginnen – wer bricht schon gerne – und dann aber mit weit aufgesperrten Schnabel den ganzen Kopf des Jungvogels “verschlucken”. Beim ersten Mal dachten wir, der Elternvogel isst das Jungtier auf. Und wenn beim Würgen eine ganze Sardine mit hochkommt, mit der der Jungvogel noch nichts anfangen kann, dann schnappt sich den schnell der andere Elternvogel und freut sich vermutlich insgeheim selbst jetzt weniger weit zum Fangen fliegen zu müssen. Neben dem Blaufußtölpeln gibt es auf denn Inseln noch Rotfußtölpel, die vornehmlich weiß eben mit roten Füßen sind, extrem weite Strecken fliegen und vor allem Tintenfische jagen. Wir sehen die Vögel in der Annäherung auf Galápagos und später beim Segeln zwischen dem Inseln, aber nicht brütend an Land. Als dritte Tölpelart gibt es dann noch den (vermutlich größten) Nazca-Tölpel, erkennbar an einem weißen Gefieder mit einer wie mit dem Lineal gezogenen schwarzen Kante an den Flügelspitzen. Eine weitere Besonderheit aller Tölpelarten ist das Jagdverhalten. Die Vögel fliegen in bis zu 30 Metern Höhe über dem Wasser und stürzen sich dann mit leicht angewinkelten Flügel senkrecht nach unten ins Wasser. Jeder weiß vermutlich, wie hart Wasser schon vom Dreimeterbrett sein kann. Die Vögel haben deshalb neben eines besonders robust gebauten Schädels im Nacken luftgefüllte Airbags, um den Aufprall abzufedern. Den richtigen Moment diese mit Luft zu füllen und dann unter Druck zu halten, müssen die Jungvögel aber lernen. Wer dann zu früh aus zu großer Höhe versucht zu tauchen, bricht sich bei dem Versuch selbst das Genick. Den Fisch fangen die Tölpel, nicht wie der Eisvogel beim Eintauchen, sondern quasi “von unten” beim wieder-Auftauchen. Deshalb ist auch eine möglichst hohe “Fallhöhe” wichtig, um entsprechend tief ins Wasser zu kommen und damit mehr Zeit beim Auftauchen zu haben und sich dabei hoffentlich den Fisch zu schnappen. An der Wasseroberfläche schütteln die Vögel kurz das Wasser aus dem Gefieder, schlucken ihren Fang und weiter gehts nach oben bis zum nächsten Sturzflug. Wenn wir mit der Sea Pearl unterwegs sind, scheuchen wir mit us eurer Bugwele natürlich einige der kleineren Fische regelmäßig auf. Und genau deshalb werden wir auch immer wieder von verschiedenen Tölpeln beim Segeln begleitet. Wir sind mit unserer Bugwelle quasi deren Buffet. 

Riesenschildkröte

Galapagos-Rieseschildkröte
Galapagos-Riesenschildkröte in ihrem natürlichen Lebensraum…
…und am Fahrradweg
Größenvergleich
Lecker so Grünzeugs

Die Galápagos-Riesenschildkröten sind mit Sicherheit das Aushängeschild des Nationalparks. Nicht nur, weil wesentliche Maßnahmen in den Anfängen der Naturschutzarbeit diesen urzeitlichen Tieren galten, sondern weil auch heute noch einige der Beobachtungen Darwins aus denen sich später die Evolutionstheorie entwickelt hat eben nicht nur an den berühmten Finken sondern auch anhand der Panzerformen der Schildkröten entstanden sind. Die Arten unterscheiden sich neben der Größe vor allem in der Form der Öffnung vor Hals/Kopf und Vorderbeine. Wenn die Art genug zu Essen auf ihrer Insel/in Ihrer biologischen Nische gefunden hat, dann musste sich die Schildkröte nicht so hoch “strecken” und die Öffnung ist folglich ein eher schmales Oval. Wenn die Reptilien aber auch einer sehr trockenen Insel des Archipels zu Hause sind und sich nur von hochwachsenden Kakteen ernähren können, dann ist die Öffnung Sattelförmig aufgebogen und entsprechend auch der Hals deutlich verlängert. So unterscheiden die Biologen heute 13 verschiedene Unterarten der Galápagos-Riesenschildkröten. Gemein ist allen das urtümliche Aussehen, die energiesparend langsame Fortbewegung und der irgendwie dauer-grinsende Gesichtsausdruck. Und auch, dass alle Unterarten auch nach Jahren intensiven Schutzes aktive Programme zur Stabilisierung der jeweiligen Population brauchen. So gibt es auf allen größeren Inseln Brut- und Aufzuchtzentren, um der jeweiligen lokalen Art (aber meist auch noch einigen der Unterarten von kleineren Inseln) am Leben zu halten. Hauptfeinde der Schildkröten sind vom Menschen eingeschleppte Ratten und andere Nagetiere, verwilderte Hunde und Ziegen, die alle die Gelege mit den Eiern plündern und im Falle der beiden Erstgenannten auch junge Schildkröten jagen. Natürlich verändern sich auch auf den Galápagos-Inseln die Lebensräume der Schildkröten durch Klimaveränderungen wie auch den steigenden Raumbedarf für menschliche Siedlungen und Infrastruktur. Beide Faktoren wiegen bei einer Tierart mit einem so extrem langen Reproduktionszyklus wie bei Schildkröten (geschlechtsreif werden die Tiere erst jenseits von 30 Jahren) besonders schwer. Im Falle der Bedrohung durch eingeschleppte Raubtiere konnten die Inseln aber schon relativ viel erreichen. Inzwischen sind auf den meisten Inseln die verwilderten Ziegen durch Abschussprogramme wieder ausgerottet, die Rattenpopulation ist durch Fallen zumindest unter Kontrolle und bei den Hunden gibt es zumindest Fortschritte. Trotz all dieser Anstrengungen ist erst in jüngster Vergangenheit eine weitere Unterart der Galápagos-Riesenschildkröten ausgestorben. “Lonesome George” war der letzte (leider zeugungunfähige) Vertreter dieser Art von der Insel Pinta und auch trotz intensiver Bemühungen ist es nicht gelungen Nachwuchs durch Kreuzung einer ähnlichen Art einer anderen Inselpopulation zu erzeugen. Man geht heute davon aus, dass schon vor Einrichtung des Nationalparks vier andere Unterarten von verschiedenen Inseln ausgestorben sind. Man hat zwar entsprechende Panzer gefunden, nie aber lebende Exemplare. Daran zeigt sich auch, dass halt doch der Mensch das größte Raubtier von allen ist. Die Galápagos-Inseln waren bis in die Neuzeit unbesiedelt und wurden erst im späten Siebtzehnten Jahrhundert von wenigen Piraten als Rückzugsort und dann im achtzehnten Jahrhundert als Bunkerstation von Walfängern benutzt. Diese – und viele vorbeifahrende Weltentdecker der Neuzeit haben die Schildkröten zu tausenden als lebenden Proviant mit an Bord ihrer Schiffe genommen. Umgedreht und nebeneinander gestapelt können die Schildkröten nicht weglaufen und “halten” sich mehrere Monate. In Zeiten vor Kühlschränken war das Fleisch eine notwendige Ergänzung der Kost auf diesen Walfängern und Expeditions- und Handelsschiffen. Man schätzt anhand von Proviantlisten einiger der Schiffe und den relativ lückenlos dokumentierten Stopps auf den Galápagos-Inseln, dass bis zu einer halben Million Schildkröten den Weg in den Kochtopf gefunden haben. 

Albatros 

Der Galapagos-Albatros
beim Brüten
und sogar mit einem Jungtier

Für mich war der Albatros immer ein Symbol für den tiefen südlichen Ozean rund um die Antarktis. Endlose, riesige Wellenberge über denen die Vögel mit Spannweiten über 3,5 Metern quasi ohne einen Flügelschlag dahin schweben. Was ich bis zu unserem Besuch vor Ort nicht wusste: Es gibt – dank dem kalten Humboldt-Strom, der bis zu den Galápagos Inseln auf Höhe des Äquators reicht – auch auf den Galápagos Inseln eine Albatrosart. Zwar nicht endemisch, weil die Vögel auch an einigen Stellen am südamerikanischen Festland brüten, aber coole Gelegenheit diese majestätischen Vögel einmal zu erleben. Auf einem der Ausflüge mit einem Nationalpark-Guide zur Insel Espanola kommen wir zur richtigen Zeit. Es ist sogar Brutsaison. Und nicht nur am Himmel ist die Silhouette der Vögel “cheffig”. Gerade auch an Land und beim Brüten, durch die Farbe des Gefieders, die Haltung und gleich den ganzen Habitus der Tiere, wirkt es als ob der hiesige König der Lüfte einfach lässiger und cooler ist als die aufgeregten Möwen oder tölpelhaften Tölpel. Nur der “Pirat der Lüfte”, der Fregattvogel, wirkt ebenfalls “erhaben”, aber eher wie ein Mafioso, der von oben kreisend auf Beute lauert. Wir haben Glück, dass wir die Albatrosse nicht nur in der Luft sehen sondern mehreren brütenden Paaren am Boden ganz nahe kommen können. Wir alle Tiere auf den Galápagos kennen auch die Vögel keine Scheu vor uns Zweibeinern und stören sich nicht daran, wenn eine Gruppe Touristen mit Führer wenige Meter neben dem Gelege vorbei spaziert und eifrig hunderte Bilder macht. Auch diese Vögel wechseln sich als Pärchen mit der Brutpflege ab, während der jeweils andere zum Fischen aufs Meer fliegt. Etwas ulkig (wir haben das aber nicht selbst beobachten können) ist dabei wohl der Start der Vögel. Weil die Schwingen so groß sind und im Vergleich zum Körper und den Beinen so lange, funktioniert der erste Flügelschlag zum Start auf flachem Land nicht. Die Vögel laufen deshalb eine Klippe nach unten (ein kleiner Absatz reicht aber wohl auch) und spannen direkt an der Handkante ihre Flügel auf zum Abheben. Wirklich optimiert für beste Aerodynamik. Nur beim Landen (was wir sehen können und eben beim Start) büßen die Vögel etwas ihres beherrschenden Eindrucks ein. Als wir bei der Wanderung in einem der Gelege ein scheinbar gerade erst geschlüpftes, fluffig weißes Kücken unter ihrer Mutter entdecken, ist auch unser Guide total aus dem Häuschen. So etwas bekommen selbst die professionellen Führer scheinbar nicht alle Tage zu Gesicht. 

Seelöwen 

Seelöwen auf Galapagos
Seelöwen auf Galapagos
Seelöwen auf Galapagos
Vor allem Luisa haben es die Seelöwen angetan
Ein ganz junges wird gesäugt
Die Seelöwen machen es sich gerne auch auf Parkbänken bequem…
…oder am Strand
Die Jungen spielen ausgelassen im flachen Wasser
Oder fangen auch mal die weißen Flossenspitzen der Weißspitzenriffhaie
No pictures please
Den meisten Teil des Tages verdösen die Seelöwen

Vor allem Luisas Lieblingstier sind die Seelöwen. Gleich bei Ankunft in der Bucht vom San Christobal schwimmen die neugierigen und verspielten Tiere in Richtung der Sea Pearl und checken den neuen Bucht-Bewohner mal aus. Zu ihrer Enttäuschung haben wir unsere Badeplattform mit Fendern verbarrikadiert, sonst hätten wir wohl direkt Besuch bekommen. Die Seelöwen leben immer als Gruppe mit allen Weibchen und deren Jungen und einem sogenannten territorialen Männchen. Das ist ein ausgewachsener Bulle, der den Strandabschnitt und seinen Harem mit lautem Blöcken und unablässigem Patrouillieren bewacht. Das Blöken dieser Tiere hört man auf den Galápagos Inseln mehr oder minder dauerhaft. Der Bulle beschützt dabei weniger die Tiere an Land, sondern er stellt vielmehr sicher, dass die verspielten und sich jagenden Jungtiere im sicheren Flachwasser bleiben. Im tieferem Wasser lauern nämlich schon die Haie auf den nächsten Happen. Und wir sehen tatsächlich einige Tiere mit den charakteristischen Bissspuren – für die ist es gerade nochmal gut gegangen. Dieser aufopferungsvolle Einsatz für den Fortbestand des eigenen Harmes ist aber für den jeweiligen territorialen Bullen auf Dauer zu viel. Vor lauter Aufpassen, Revier-verteidigen, Rivalen-fernhalten und natürlich fortpflanzen, kommt das Essen zu kurz. Je nach Konstitution ist er nach ungefähr zwei Wochen so schwach, dass er einen der Angriffe (immer nur mit Drohgebärden und ohne ernsthaften Verletzungen) der anderen Männchen nicht mehr parieren kann und sich dann selbst wieder einiger der Jungs-Gangs anschließen muss. Bis er eben wieder fit und vollgefressen ist, so dass er sich wiederum einen Harem mit Strandabschnitt von einem der dann entkräfteten Kollegen schnappen kann. Uns haben es die Seelöwen aber wegen ihrer verspielten Art und der Nicht-Scheu vor uns Menschen angetan. Beim Schnorcheln kommen gerade die Jungtiere  von selbst auf uns zu und untersuchen interessiert das spiegelnde Unterwassergehäuse der Go-Pro oder führen uns Kunststückchen mit ihrem Spielzeug (in diesem Fall eine aufgebrochene Auster) vor. Abends an Bord in der Ankerbucht hören wir zuerst noch komisch unlokalisierbares Blubbern am Boot – normalerweise ja doch ein Anlass nervös zu werden – auf den Galápagos Inseln lernen wir aber in der zweiten Nacht, dass das die Seelöwen sind, die unterm Schiff spielen oder uns inspizieren. Und auf den Landgängen ist es ganz selbstverständlich, dass ein Seelöwe eines seiner vielen Nickerchen ausgestreckt auf einer Parkbank macht, direkt am Ableger der lokalen Taxiboote mit denen man vom Schiff an Land und zurück pendelt. Die Seelöwen sind auch der Grund, warum wir auf diese Taxiboote angewiesen sind. Normalerweise würden wir unser Beiboot nehmen und eben an Land fahren. Nachdem alles, was irgendwie bequemer ist als die Felsen am Strand aber von den Seelöwen als Ruheplatz auserkoren wird und danach entsprechend dreckig ist und stinkt, nutzen wir in jeder der Buchten, in denen wir ankern dürfen, die lokalen Wassertaxis. Per Funk werden die zum Boot gerufen und nehmen uns, aber auch jedes Gepäck, die Einkäufe, Diesel und was man sonst noch so braucht je nach Bucht für 1USD/Person bis maximal 2USD/Person mit. Das wohl eindrücklichste Erlebnis, wie verspielt die Seelöwen sind, hat uns ein einzelnes junges Männchen beim Schnorcheln bei der Isla Isabella geliefert. Dort ruhen in schmalen Rinnen/Canyons des Lavagesteins am Grund Weißspitzenriffhaie. Eigentlich sind Haie ja die Fressfeinde der Seelöwen, diese waren aber zu klein, als dass sie für den Seelöwen gefährlich hätten sein können. Dieser Seelöwe hat sich einen Spaß daraus gemacht, die weißen Flossenspitzen der Haie zu “fangen”, also kurz danach zu schnappen. Dass das den Haien nicht ganz gefallen hat war klar, aber wenn sich die Flossen dann sogar noch bewegen und davon schwimmen, um sich einen ruhigeren Platz zum ausruhen zu suchen… umso besser! Hinterher hieß es für den Seelöwen, schön, wenn das Spielzeug sich auch noch selbst bewegt. Wirklich beeindruckend aufgeweckte und interagierende Tiere. Wir mussten mehrmals aufpassen ihnen nicht menschliche Eigenschaften oder Gefühle zuzuschreiben. 

Galápagos-Pinguine

Galapagos-Pinguine auf einem Felsen an der Isla Bartholome
Ab gehts zum Fische fangen
Pinguin mit einer kleinen Sardine im Maul
Wieder hoch zum Luftholen
Und direkt neben mir aufgetaucht

Was für Luisa die Seelöwen waren, sind für mich die Galápagos-Pinguine. Von dieser kleinsten Unterart aller Pinguine und der, die am weitesten entfernt vom Südpol vorkommt, gibt es nur etwas unter 5000 Tiere. Die Meisten davon auf der Westseite der Isla Isabella und auf Fernandina, beides Ziele, die wir nicht besuchen können. Es war also lange gar nicht klar, ob wir diese Vögel erleben können. Dann haben wir aber zuerst drei Tiere von etwas weiter weg sogar am Ankerplatz im Süden der Isla Isabella gesehen, anschließend nochmal drei auf einem Felsen am Schnorcheln ebenfalls im Süden der Isla Isabella in den “Los Tunneles”. Damit wären wir schon absolut zufrieden gewesen, aber an unserem Ausflug zur Isla Bartholome, eigentlich eher ein Geologie-Ausflug, wegen einer besonderen Felsformation und einem berühmten Fotomotiv, haben wir dann wieder eine Handvoll der Pinguine auf den Klippen ruhen gesehen. Einer hatte dann aber seinen Spaß daran direkt um und unter uns die Sardinenschwärme zu jagen. Scheinbar waren wir als Schnorcheln gerade der perfekte Störfaktor, um dir Jagd zu vereinfachen. Der kleine, an Land eher tapsig wirkende, Vogel ist unter Wasser pfeilschnell. Immer wieder schießt er wie ein Torpedo um uns herum durchs Wasser, zieht eine kleine Spur aus Luftblasen hinter sich her und wenn er einen der kleinen Fische im Schnabel hat, taucht er kurz wie ein Korken auf, um Luft zu schnappen. Das ganze Schauspiel vielleicht eine Armlänge von mir entfernt. Einmal habe ich direkt Angst, dass er beim Auftauchen in meine Schnorchelbrille kracht. Die Verwandlung vom irgendwie unangepassten Vogel über Wasser zum wendigen Jäger unter Wasser so direkt mit zu erleben war wirklich beeindruckend. 

Meerechse

Die endemische Galapagos-Meerechse
Wie ein kleiner Drache
Meerechsen beim Sonnenbad nach dem Tauchen

Eine weitere animalische Kuriosität auf den Galápagos-Inseln sind Meerechsen. Diese Reptilien ernähren sich von Algen, die sie auf den Felsen unter Wasser, also tauchend abweiden und gelten heute als ein besonders extremes Beispiel für die Anpassung einer Tierart an extreme Umgebungsbedingungen. Vermutlich stammen die Meerechsen von zufällig angeschwemmten Exemplaren des grünen Landleguans ab, den es in der Karibik und aber auch Mittelamerika häufig gibt. Einige dieser Tiere wurden dann auf den Galápagos-Inseln zum dort endemischen Landleguan (der ist aber wegen der oft blank liegenden Felsen eher gelb-braun). Scheinbar war aber nicht für alle Leguane genug Futter in Form von Grünzeug auf den möglichen Siedlungsnischen verfügbar. Dort wo es nämlich genug Pflanzen auf den Inseln gibt, im Regenstau der Luvseiten, ist es oft ganztägig bewölkt und kalt/neblig. Ein Klima also, dass den wechselwarmen Echsen nicht taugt. Dort leben aber einige der Schildkrötenarten. Die Meerechsen nutzen also die Sonnenwärme in ansonsten kargen, vulkanischen Küstengebieten und kompensieren die nicht vorhandene Nahrung an Land, indem sie Algen fressen. Dabei kämpfen sie aber gleich mehrfach gegen die eigene Natur. So haben Echsen halt keine Kiemen, können unter Wasser also nicht atmen. Das trainieren die Echsen tatsächlich, sodass Jungtiere nur einige Minuten unter Wasser sind, während große, ausgewachsene bis zu 45 Minuten unter Wasser bleiben können. Außerdem ist das Wasser um die Galápagos-Inseln kalt (zwischen 14 und 22 Grad). Die Echsen müssen also zwischen den Tauchgängen schnell an Land, möglichst auf dunkle Felsen, um sich in der starken Äquatorsonne wieder auf Betriebstemperatur zu bringen. Auch haben Echsen keine Schwimmhäute oder Flossen für die Fortbewegung unter Wasser. Deshalb ist der Schwanz jetzt ähnlich eines Krokodils nicht mehr rund sondern seitlich abgeplattet und dient als Ruder und Vortrieb. Und der spitze Echsenkopf hat bei jedem Bissen zu wenig Algen erwischt, weshalb die Meerechsen einen ganz runden Kopf/Kiefer entwickelt haben. Und das letzte “Problem” ist die Nahrung selbst. Durch die Algen nehmen die Echsen viel zu viel Salz zu sich. Und hier hat die Natur dann besonders tief in die Trickliste gegriffen. Mittels einer speziellen Drüse innerhalb der Nase wird das Salz abgeschieden und von der Echse mit einem Nieser und kleinen weißen “Dampfwölkchen” ausgepustet. So sehen die komplett friedlichen und absolut nicht scheuen Tiere wenigstens wie Mini-Drachen aus. Die Anpassung der Echsen an diesen speziellen Lebensraum ist für mich das eindrücklichste Beispiel der Evolutionstheorie auf den Galápagos-Inseln. Viel mehr noch als die Vielzahl an Mini-Anpassungen der zahlreichen Finkenarten oder der Schildkröten. Nur leider stinken die Echsen erbärmlich, so dass sie es bei keinem von uns zu “Lieblingstieren” geschafft haben. 

Wir sehen auf den Galápagos neben diesen, für mich herausragenden Tierbegegnungen noch Flamingos, natürlich die Finken, einen Galápagos-Bussard und eine Eulenart, beim Schnorcheln riesige Meeresschildkröten, Adlerrochen, Weißspitzenriffhaie, Seepferdchen und jede Menge Rifffische und beim Tauchen in etwas Entfernung sogar zwei Hammerhaie. All diese Tiere sind für sich genommen schon tolle Begegnungen, auf den Galápagos-Inseln aber “halt auch da”. 

Flamingos
Eine endemische Baumschnecke
Eine wohl sehr seltene Uhu-Art. Leider mit kaputtem Flügel, nur deshalb haben wir den Vogel wohl gesehen
Eine der riesigen Wasserschildkröten
Wir beim Tauchen

Damit all diese Tiere ihre jeweilige Nische zum Leben finden konnten, braucht es natürlich auch entsprechend vielgestaltige Lebensräume. Wir haben deshalb auch zwei geologischer angehauchte Exkursionen mitgemacht. Heute formen sowohl Wind- als auch Meeresströmungen auf jeder Inselseite schonmal zwei verschiedene Habitate je nach Seite. Über Wasser eine nasse, kühlere Luv-Seite und die fast komplett trockene und entsprechend der Äquatorsonne extrem heiße Lee-Seite im Windschatten der Bergen, die alle ehemalige oder noch aktive Vulkane sind. Das Meer bestimmen um die Inseln der oberflächennahe, relativ kühle und vergleichsweise nährstoffreiche Humboldt-Strom, der entlang der südamerikanischen Küste aus der Antarktis nach Norden zieht und hier mit den Passatwinden Richtung West abbiegt und der aus der Tiefsee in gegenläufigere Richtung kommende und an den Galápagos-Inseln nach oben gedrückte Tiefsee-Gegenstrom. Der ist noch nährstoffreicher und richtig kalt. Jetzt gibt es noch verschiedene Höhenlagen bis auf deutlich über 1000 Meter und fertig ist der Mix aus Lebensräumen, in dem man eben wie durch ein Brennglas die verschiedenen Anpassungen der Tierwelt, oft auf der gleichen Inseln in verschiedene Nischen der gleichen Ur-Art verfolgen konnte und kann. All das ist auch deshalb auf diesen Inseln so pointiert möglich, da Einflüsse von außen, also anderen Habitaten und anderen Populationen ausgeschlossen sind. Auf die Inseln sind per Zufall nur Sturmopfer vom südamerikanischen Festland gekommen und was die Insel verlässt gelangt wegen der Meeres- und Windströmungen ausschließlich nach Westen. Dort ist aber so lange kein Land, dass außer einigen Pflanzensamen nichts mehr lebend in der Inselwelt französisch Polynesiens angekommen ist. Und auch, weil die Inseln geologisch sind jung sind – die älteste Insel ist “erst” 1,8 Millionen Jahre alt, hat gerade die Fauna noch nur wenig Möglichkeiten gehabt die Lebensräumen umzugestalten und so vielleicht weniger abgegrenzte Habitate zu schaffen. In jedem Fall beeindruckend dieses riesige Freiluftlabor der Evolution zu erleben. Zwar im ersten Moment extrem gefährlich für die Tier- und Pflanzenwelt, so gehört doch auch die Entstehung von Land überhaupt dazu. All die Inseln sind durch den gleichen sogenannten Hot-Spot, also eine besonders aktive Zone des Erdmantels unterhalb der Nazca-Platte im Pazifik entstanden. Diese Platte wird durch die schwerere ozeanische Platte des Ostpazifiks langsam aber sicher auf Südamerika geschoben, bewegt sich also von West nach Ost. Weil der Hotspot, mit dem jeweiligen Insel-erschaffenden Vulkan darüber aber an der gleichen Stelle unter dieser Platte geblieben ist, findet man heute die älteste Insel San Christobal mit dem am stärksten erodierten Relief und den angeglichensten Lebensräumen ganz im Osten. Und ganz im Westen sind die extremsten und jüngsten Inseln Fernandina und Isla Isabella, auf denen man diese Landerschaffung auch heute noch durch aktive Vulkane erleben kann. Und es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis westlich der Insel Fernandina die nächste “Generation” an Inseln durch den gleichen Hotspot unterhalb der Nazca Platte entsteht. 

Die Galapagos-Erkundungs-Crew
Ikonische Asche-Felsnadel eines der letzten Vulkanausbrüche hier
„Das“ Reiseführerbild von der Isla Bartholome
Wir beim Aufstieg auf den Vulkan Sierra Negra auf der Isla Isabella
Ausblick auf die Vulkanebene der Isla Isabella
Vulkanlandschaft auf der Isla Isabella
Vulkanlandschaft auf der Isla Isabella
Vulkanlandschaft auf der Isla Isabella

Die Galápagos-Inseln waren auf der einen Seite wirklich anstrengend aber auch eine gigantische tolle Erfahrung. Warum es uns so gut gefallen hat, habt ihr in diesel Blogeintrag gelesen. Und anstrengend war es vor allem wie im letzten Blog geschrieben. Wegen eines extrem hohen Aufwands in der Vorbereitung, einer suboptimalen Überfahrt und rollover Ankerplätze. Würden wir da nochmal mit dem Segelboot hinfahren – vermutlich nicht. Aber es trotzdem absolut jedem empfehlen, der die Möglichkeit hat das einmal zu Erleben bzw. am Weg über den Pazifik “sowieso” vorbeikommt. 

Sea Pearl vor Anker in Puerto Ayora
Mit Wäsche im Wassertaxi
Letzte Einkäufe vor der Pazifiküberquerung
Luisa arbeitet an den nächsten YouTue Videos
Ich arbeite für Brose
Wir klarieren aus
Die Crew für die Pazifiküberquerung

Wie immer gibt es uns tagesaktuell (neben dem ca. 4 Monaten Verzug hier im Blog) auf Instagram und mit etwa vier Wochen Versatz auf YouTube. Lasst uns gerne einen Kommentar oder eine Mail mit euren Anmerkungen zum Blog oder euren Fragen zu unserer Reise grundsätzlich da. 

Ein Gedanke zu „Galápagos – Tierwelt und Geologie“

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