Durch unseren ungeplanten Stopp in Cairns haben wir die Möglichkeit unsere Sea Pearl in einem sicheren Hafen zu lassen und die guten Flugverbindungen direkt nach Sydney zu nutzen. Vor allem auf Luisas Wunschliste stand schon lange ein Besuch in dieser Stadt. Nachdem wir jetzt mit der Sea Pearl so „nahe“ gekommen sind, mussten wir die Gelegenheit einfach nutzen. Unser weiterer Weg entlang der Ostküste von Australien innerhalb des Great Barrier Riffs nach Norden war aufgrund starker nördlicher Winde während der kommenden Tage sowieso blockiert. Und selbst mit dem Boot nach Sydney zu fahren wäre zwar möglich gewesen, hätte aber einen Umweg von deutlich über einem Monat (eher mehr) bedeutet und uns damit die Chance genommen rechtzeitig vor der Wirbelsturmsaison nach Indonesien zu kommen. Der Weg mit dem eigenen Boot nach Sydney hätte also bedeutet, dass wir unseren inzwischen gefassten Plan einer vollständigen Weltumsegelung nicht mehr schaffen können. Die Entscheidung für drei Tage das Boot allein zu lassen und mit dem Flugzeug nach Süden zu fliegen, um diese ikonische Metropole erkunden zu können, fühlt sich für uns deshalb richtig an.
In Cairns klarieren wir an unserem ersten vollen Tag in Australien noch vollständig ein, erledigen dann einige kleinere Reparaturen am Boot, organisieren uns Ersatzteile fürs Boot im gut sortierten Bootshandel und können sogar den „abgesprengten“ Griff der Luke zu unserer Segellast bestellen lassen und bekommen eine Lieferung nach unserem Sydney-Ausflug zugesagt. Am nächsten Morgen geht es also ganz früh in den Flieger, damit wir möglichst viel von dieser tollen Metropole erkunden können. Wir haben zwei Übernachtungen geplant und wollen entsprechend aus den kurzen drei Tagen in der großen Stadt das meiste herausholen. Luisa hat sich dafür in Reiseführer und auf Webseiten vertieft und ein ausgeklügeltes Programm zusammengestellt. Neben der Geschichte und einer wirklich sehenswerten aber relativ überschaubaren „Altstadt“ bietet Sydney riesige Parkanlagen, richtige Hochhäuser im Finanzviertel und den stylischen Quartieren des ehemaligen Hafens, ganz viele Wasserflächen direkt in der Stadt, sodass ein Großteil des öffentlichen Nahverkehrs ähnlich wie in Venedig mit der Fähre abgewickelt wird, mondäne Villenviertel und eine riesige Auswahl sehr guter Restaurants und die ikonischen „Seebäder“ wie zum Beispiel Bondi Beach.
Nachdem wir unser Gepäck im Hotel fast direkt am alten Hafen und dem heutigen Fährhafen abgegeben haben, laufen wir in das alte Stadtviertel The Rocks. Hier haben die Briten eine kleine Halbinsel innerhalb der riesigen und weit verzweigten, deshalb auch schon früher für Segler perfekt geschützten Bucht, den Aborigines abgekauft, um darauf ein Strafgefangenenlager zu errichten und ihre Flotte reparieren zu können. Der ganze Deal wurde damals überhaupt nur deshalb notwendig, weil die andere große ehemalige britische Kolonie, nämlich die USA, gerade unabhängig wurden und als Folge deshalb natürlich nicht mehr die Sträflinge aus England akzeptieren wollten. Das Viertel war aber nur in der Frühzeit der Stadt ein Straflager und hat sich dann immer mehr zum Handelszentrum entwickelt. Heute stehen hier mehrstöckigen schöne alte Häuser mit großen Giebeln in denen früher die zu handelnden und anschließend am „Circular Quay“ genannten alten Hafen zu verladenden Güter gelagert wurden. Das Ambiente ist wirklich schön und wir bekommen einen perfekten Blick auf die am anderen Ende dieses Hafens liegende Sydney Opera und die gigantische Sydney Harbour Bridge. Wir organisieren uns eine Hop-On/Hop-Off Bustour und lernen so im Vorbeifahren etwas mehr von der Stadt und bekommen außerdem einen Eindruck, welche der vielen unterschiedlichen Viertel wir uns dann genauer ansehen wollen. An einigen der Stationen steigen wir aus, spazieren bei bestem Wetter durch die tollen Parkanlagen und fahren dann mit dem nächsten Bus wieder weiter. Die Stadt zeigt und gleich zum Beginn wirklich viel Flair und wir verstehen, warum die Lebensqualität in dieser Stadt trotz recht teurer Preise als eine der höchsten in der Welt gilt. Der Kontrast zu den Palmhütten auf Vanuatu vor nur knapp zwei Wochen könnte aber auch kaum größer sein. Wir genießen leckeres und ausgefallenes Essen zu Abend und freuen uns, dass die Australier solche verrückten „Foodies“ sind. Wohl nirgendwo auf der Welt haben wir so einen Fokus auf leckeres, gesundes und dabei auch immer sehr hübsch angerichtetes Essen erlebt wie in Australien und speziell in Sydney.
Am kommenden Morgen nutzen wir die erste Fähre des öffentlichen Nahverkehrs, um durch die erwachende Bucht an den Manly Beach zu fahren. Allein das Sightseeing während dieser Bootsfahrt, vorbei an der im Morgenlicht angestrahlten Sydney Opera, im Hintergrund der Skyline und vor uns der immer wieder von Buchten mit unzähligen verankerten Boots gesäumte Wasserweg. Wirklich hübsch. Am Fähranlegen müssen wir keine 300m laufen und stehen dann an einem schier endlos langen und bestimmt 200 Meter breiten Sandstrand an dem mit macht die Dünung des Pazifiks brandet. Auch wenn bei unserem Besuch die Bedingungen zum Surfen wohl nicht ganz optimal sind tummeln sich unzählige Surfer im wirklich kühlen Wasser, paddeln raus und warten dann auf „ihre“ Welle im Line-Up der Gleichgesinnten (also der Warteschlange). Der ganze Strand ist voll von Kindern, die zwar wegen der Wellen nicht schwimmen dürfen, aber am Strand mit Sport-Wettbewerben zu sicheren Schwimmern trainiert werden. Einfach eine tolle Stimmung an einem Sonntagmorgen. Wir laufen etwas entlang des Strandes und der anschließenden Felsen bevor wir ein richtig schön eingerichtetes Café finden und uns dort ein typisches australisches Frühstück (Breaky) gönnen. Bei uns in Europa gehen solche Portionen zum Frühstück eher als Brunch durch. Schmecken tut es aber trotzdem. Zurück mit der Fähre erwartet uns am Circular Quay schon Paul von der SV Wasa. Paul kommt wie wir vom Ammersee und segelt mit seiner komplett selbst restaurierten kleinen Wasa um die Welt. Nachdem er sich ein wenig mehr Zeit als wir genommen hat, plant er den australischen Sommer in Sydney zu verbringen, um dort arbeiten zu können und etwas Geld zu verdienen und lebt derweil weiter auf seinem Boot an einer Boje im Hafen. Nachdem wir Paul vorher schon in Fiji getroffen haben und viel virtuell in Kontakt stehen, freuen wir uns sehr ein bekanntes Gesicht aus der Heimat zu sehen. Weil auch er erst vor wenigen Tagen in Sydney angekommen ist, erkunden wir die Sehenswürdigkeiten der Stadt gemeinsam zu Fuß. Zuerst natürlich die Sydney Opera von Nahem, dann weiter zu „Mrs. Macquaire’s Chair“, einer kleinen Standstein-Felsnadel, die in den Hafen ragt und von der man einen gigantischen Blick sowohl auf die Oper, die offene Wasserfläche in Richtung des offenen Pazifiks, die riesige Flottenbasis und die Brücke haben. Direkt an diesem Aussichtspunkt schließt sich einer der Parks an und wir laufen so durch die Royal Botanic Gardens zur Saint Mary’s Cathedral, der wichtigsten – und wohl auch ältesten – anglikanischen Kirche Australiens zum weitläufigen Hyde Park, der frühere auch die Pferderennbahn der Stadt war. Durch die sich direkt daran anschließenden Häuserschluchten geht es zu einem anderen Hafenbecken, in dem heute das australische Marinemuseum untergebracht ist. Drei Segler können es sich natürlich nicht entgehen lassen auch einmal ein U-Boot und ein klassisches Kriegsschiff zu besichtigen. Beeindruckt hat uns aber vor allem der Nachbau der HMS Endeavour mit der James Cook nicht nur fast den gesamten Pazifikraum kartiert hat, sondern eben auch Australien entdeckt und auf unseren heutigen Karten verortet hat.
Nach diesem Nachmittag haben wir eine einmalige Chance. Wir bekommen das mondäne Sydney von zwei Einheimischen gezeigt. Unsere Segelfreunde Denise und Robert von SV Invictus, mit denen wir im losen Verbund gemeinsam von den Galapagos auf die Marquesas gesegelt sind, leben einen Großteil des Jahres in Sydney und haben dort fast ihr komplettes Berufsleben verbracht. Die beiden mussten ihr Boot über die Wirbelsturmzeit im Pazifik aufgrund einer Vielzahl an technischen Problemen in Tahiti lassen und zurück zu ihrem Haus geflogen. Das Wiedersehen mit den beiden ist sehr herzlich. Sie holen uns mal wieder am Circular Quay ab und wir fahren dann mit einer der anderen Fährlinien zu ihnen nach Hause. Typisch „britisch“ gibt es einen Nachmittagstee mit Blick auf einen weiteren Teil der Bucht von Sydney bevor wir gemeinsam mit dem Auto über die Sydney Harbour Bridge fahren. Damit aber nicht genug. Zum Sundowner werden wir mit in den altehrwürdigen Cruising Yacht Club of Australia (CYC) genommen. Dieser Segelclub organisiert jedes Jahr um Weihnachten das berühmte Segelrennen Sydney-Hobart (auf Tasmanien). Das Rennen und auch der Segelclub haben einen Stellenwert, der in Europa mit dem Fastnet Race und der ausrichtenden Royal Yacht Squadron vergleichbar ist. Wir fühlen uns geehrt, dass wir über diese Stege wandern dürfen und gemeinsam mit unseren Seglerfreunden über Boote und das Segeln fachsimpeln. Nach dem Sundowner fahren wir dann gemeinsam fast ganz raus aus der Bucht von Sydney zu einer lokalen Institution. Das Fischrestaurant Doyles serviert einfache, aber sehr leckere Fischgerichte (meistens Abwandlungen von Fisch&Chips) mit einem grandiosen Blick auf die Stadt im Sonnenuntergang. Wir lassen es uns einmal mehr schmecken und genießen die tolle Zeit in dieser beeindruckenden Stadt. Wie so oft während unserer Reise haben aber die Menschen, die wir hier getroffen haben, das Erlebnis er so wirklich besonders gemacht. Danke an Denise, Robert und Paul für diesen wunderbaren Tag.
Unseren dritten Tag in der Stadt nutzen wir für einen Tipp, den wir aus der Heimat bekommen haben. Der Park „Wendys Secret Garden“ liegt etwas versteckt gegenüber der Innenstadt am Hang und eröffnet so tolle Blicke im Morgenlicht auf all die Sehenswürdigkeiten, die wir in den vergangenen Tagen besuchen konnten. Wir nehmen uns aus einer der Bäckereien ein Frühstück und Kaffee mit, wandern durch den Garten, der vor exotische Vegetation überzuquellen scheint und finden eine eingewachsene Nische mit unserem privaten Frühstücktisch und Postkartenaussicht auf die Stadt. So saugen wir die vielen Eindrücke nochmal in uns auf und wissen, dass die Entscheidung dieses Kurztrips absolut richtig war. Der Klang des Namens Sydney ist nach unserer Meinung zurecht ein riesig großer und wir haben selten eine so lebenswerte, spektakuläre und abwechslungsreiche Stadt erlebt.
Zurück in Cairns verproviantieren wir uns in den perfekt sortierten Supermärkten und Liquor-Stores für die nächsten Wochen und bringen das Boot wieder auf Vordermann. Und schon am kommenden Tag tut sich ein Wetterfenster mit leichtem Schiebewind auf Süd auf, sodass wir auf unsere 4,5 Tage lange Passage innerhalb des Great Barrier Riffs nach Norden aufbrechen. Diese Passage und unseren weiteren Weg durch die Torres-Straße beschreibe ich wieder hier auf unserem Blog in den kommenden Tagen. Die Eindrücke in bewegten Bildern von Sydney findet ihr unter diesem Video. Und auf Instagram haben wir die Storys dazu im Story Highlight zu Australien festgehalten. Ich freue mich sehr, wenn ihr auch nach dem Abschluss unserer Weltumsegelung hier noch bei unseren Blogeinträgen mitlest. Wenn euch das auch weiterhin gefällt oder interessiert, so lasst mich das gerne per Kommentar oder direkter E-Mail wissen.